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Brainpercussion – kinesiologisches Braingym trifft musiktherapeutische Bodypercussion

Von Selma Emiroglu und Oliver Schöndube

 

Bei „Musiktherapie in der Schule“ denken wohl die meisten an Musiktherapie mit den Schülern. Aber wie sieht es mit den Lehrern aus…? Ohren und Nerven werden den ganzen Tag durch Lautstärke und Grenzen-ziehen herausgefordert. Und manch empathisch veranlagter Lehrer mit musiktherapeutischem Hintergrund leidet darunter, dabei im Reflexmodus und direktiv zu handeln. Eine musiktherapeutische Pause zwischendurch kann Ohren und Nerven beruhigen und neue Klarheit schaffen: Die POSITIVE HUMMEL-IMPROVISATION, die die „Hummel“-Yogaübung, „Positive Points“ aus dem Braingym und musiktherapeutisches Improvisieren verbindet. Machen Sie es sich auf dem „Örtchen für kleine Musiktherapeuten“ gemütlich. Verschließen Sie mit den Daumen die Ohren. Legen Sie die Hände auf die rechte und linke Stirnhälfte ohne dass sie sich berühren. Stützen Sie sich mit den Ellenbogen auf den Oberschenkeln ab, kippen Sie den Kopf ein wenig vor und legen Sie den Kopf so entspannt wie möglich auf die Hände. Nun beginnen Sie zu summen. Was möchte gerade entstehen? Ein Ton? Eine bekannte Melodie? Ein kleines neues Motiv? Lassen Sie Ihrer Stimme freien Lauf und lauschen Sie sich selbst. Das ist Ihr eigener Klang­raum, in den hinein Sie sich entspannen können. Alles andere bleibt draußen und darf warten. Lassen Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz vom eigenen Ton fesseln! …

Wenn die Töne verebben wollen, lassen Sie sie ausklingen und lauschen noch ein kurzes Weilchen der entstandenen Stille nach …
… bevor Sie sich und Ihre Ohren wieder der Außenwelt zuwenden.
So wie die o.g. Übung „Positive Points“ wurden an vielen Schulen Braingym-Übungen aus der Kinesiologie eingeführt, um die Konzentrations- und Lernfähigkeit „einzuschalten“. Allmorgendlich werden 15 Minuten Hände und Beine überkreuzt und Unendlichkeitszeichen mit den Augen in die Luft geschrieben. Entstand dadurch an Ihrer Schule eine Konkurrenz zum allmorgendlichen Singen, ganz nach dem Motto „intellektuelle Denkfähigkeit ist wichtiger als gemeinschaftliche Kunst“? Dann könnte die Fusion Brainpercussion Konzentration, Körper, Musik und Spaß vereinen. Gleichzeitig schenkt man der Schule so ganz legal und kostenlos etwas Musiktherapie…
Aber zunächst darf ich Sie, die erwachsenen Kinder unter Ihnen, einladen, daheim im Wohnzimmer oder am Arbeitsplatz Ihre Gehirnhälften mit Brainpercussion zu synchronisieren. Nicht nur Konzentrations-, Merk- und Arbeitsfähigkeit steigen dabei, es werden auch der sinnliche Bezug und damit die Lebensqualität gesteigert. Stellen Sie zunächst Kontakt zu Ihrem Körper und Ihren Sinnen her. Geben Sie sich so ein paar Minuten Zeit, um aus dem ständigen Gedankenfluss und der Geschäftigkeit hier anzukommen. Wie sitzen oder stehen Sie gerade da? Möchte sich Ihr Körper bequemer hinsetzen oder hinstellen? …
An welchen Stellen spüren Sie die Auflageflächen unter Ihnen, den Stuhl, den Boden, den Tisch? …
Nehmen Sie nun Ihre Augen wahr: Was nehmen die Augen gerade wahr? Sind sie fixiert auf das hier Geschriebene? Was liegt sonst gerade in deren, also Ihrem, peripheren Blickfeld? …
Wobei sollen Sie diese Übungen überhaupt unterstützen? Sind Sie heute verwirrt und brauchen besonders Klarheit und Konzentration? Ist Wetter und Stimmung heute recht trüb und brauchen Sie eine Portion Freude? Formulieren Sie aus Ihrem Wunsch eine positive Aussage in wie „Ich bin konzentriert.“, „Ich bin die Konzentration.“ oder auch „Ich schaffe es, heute den Artikel fertig zu schreiben.“ …
Zum Aufwärmen schenken Sie Ihrem Körper Ihre ganze Aufmerksamkeit, Liebe und ein zärtliches „Bumm“ beim BELLYBODYBUMM. Neben dem „Bodyscan“ aus dem Yoga und anderen Gebieten, gesellt sich hier „Belly Breathing“ zum musiktherapeutischen Silbensummen. Tönen Sie ein rhythmisches Ostinato mit Silben, die bevorzugt „m“s enthalten: himemamo bummm, himemamo bummm, himemamo bummm, …
Achten Sie nun darauf, dass die Atemzüge aus der tiefen Bauchregion kommen und wandern Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit durch Ihren Körper. Spüren Sie das Vibrieren an den Lippen und drumherum? Spüren Sie das Vibrieren an der Stirn und an den Schläfen? Spüren Sie es an den Ohren, an der Schädeldecke und am Hinterkopf? Spüren Sie Ihren Hals und Kehlkopf vibrieren? …
Gehen Sie so durch Arme, Rumpf und Beine bis zu den Füßen. Zum Schluss spüren Sie dem Kribbeln unter den Fußsohlen nach sowie in Ihrem Körper als Ganzes.
Eine der bekanntesten Übungen, um die Gehirnhälften zu synchronisieren, ist das Überkreuzgehen oder kinesiologische „Cross Crawl“. Dies verbinden Sie hier mit Bodypercussion-Patschern zum ÜBERKREUZ-PATSCHER. Stehend stampfen Sie im 4-Takt mit dem linken Fuß (auf den ersten Taktschlag), patschen mit der linken Hand auf den sich erhebenden rechten Oberschenkel (2. Taktschlag), stampfen mit dem rechten Fuß (3. Taktschlag), und patschen mit der rechten Hand auf den sich erhebenden linken Oberschenkel (4. Taktschlag). Halten Sie diesen Rhythmus einige Zeit, gerne auch zu Metronom oder Musik. …
Nun verlagern Sie den Patscher nach hinten und patschen auf den 2. und 4. Taktschlag hinter Ihrem Rücken auf die jeweilige Fußsohle. …
Wenn Sie das beherrschen, wechseln Sie taktweise vorne und hinten. …
Schließlich lassen Sie aus diesem Motiv heraus Ihrer Fantasie freien Lauf: Patschen Sie (natürlich vorwiegend überkreuz!) auf Unterschenkel und andere Körperstellen, …
Variieren Sie den Rhythmus! Bauen Sie z.B. Achtel-Schläge mit ein, indem Sie einen Unterschenkel einmal von innen und einmal von außen patschen …
Auch die Taktart kann man verändern! Kriegen Sie z.B. einen 3er-Takt mit „stampf“ auf 1, „Oberschenkel vorne“ auf 2 und „Fuß hinten“ auf 3 hin? …
Wenn Arme und Beine sich verknotet haben, lassen Sie sich ins 1- oder 2-taktige Grundmotiv fallen…
Nun legen Sie Ihre heutige Lieblingsmusik auf. Setzen oder stellen Sie sich aufrecht hin und machen Sie sich bereit, die kleinen Musiker, die sich in den Lautsprechern für Sie ins Zeug legen, zu dirigieren. Stopp! Zunächst vergessen Sie noch alle schulischen Dirigieranweisungen. Bei den ROLLENDEN DIRIGENTEN-ACHTEN ist das Dirigierzeichen kein Segelboot, sondern eine liegende 8, die im Braingym „Lazy 8s“ genannt wird. Und diese acht dirigieren Sie mit einem Finger in die Luft, während Sie den Finger mit den Augen verfolgen. …
Haben Sie Nackenverspannungen? Dann gehen Sie gerne bald dazu über, den Finger mit der Nase zu verfolgen. …
Und schließlich dirigiert die Nase selbständig in der Luft weiter. Wie bei den kinesiologischen „Neck Rolls“ nimmt sie den Kopf in großen Kreisen mit und lässt den Nacken über vorne, Schultern und hinten rollen. Natürlich hübsch im Rhythmus der Musik, damit die Musikzwerge nicht aus dem Takt kommen! …
Zum Schluss nehmen Sie sich eine Flasche klares Trinkwasser für die SCHLÜRFWASSER-Übung, die das „Sipping Water“ aus dem Braingym abwandelt. Trinken Sie einen Schluck und lauschen Sie allen Geräuschen, die Wasser und Trinkvorgang erklingen lassen. Hören Sie das Nachvorneschwappen des Wassers in der Flasche? Macht Ihr Atem am Flaschenausgang tiefes oder hohes Rauschen? Klingt der Schluckvorgang tonal oder rauschig? …
Nun kommen Schlürftöne dazu. Ziehen Sie das Wasser durch die gespitzten Lippen und durch die Zähnemauer. Improvisieren Sie Ihre kleine Schlürfmusik…
… und bitte halten Sie alle paar Takte inne für eine Schluck-Bridge!
Und nachdem Sie sich ein paarmal selbst „eingeschaltet“ haben, laden Sie Ihre Schüler dazu ein! Machen Sie die oben beschriebenen Übungen mit Ihrer Klasse. Führen Sie sie mit „call/response“-, „solo/tutti“- und „Dirigenten“-Spielen ein. Variieren Sie die Brainpercussion mit den Kindern aus dem Moment heraus und kreieren Sie gemeinsam eine Braingruppenpercussion…
Und schließlich holen Sie die wegrationalisierten Lieder wieder hervor: Als Intro machen alle zusammen eine Positive Hummel-Improvisation in freiem Rhythmus, auch der Dirigent. Letzterer gibt irgendwann den Einsatz und beginnt, mit rollenden Dirigenten-Achten zu dirigieren. Eine kleine Gruppe fängt mit dem Bellybodybumm an. Dann setzt der Chor mit dem Gesang ein und begleitet sich selbst mit Überkreuz-Patschern. Und schließlich fadet alles mit Schlürfwasser aus.

 

Die Autoren:

Selma Emiroglu
Geb. 1976. Musiktherapeutin, promovierte Physikerin, Folkmusikerin, -tänzerin und -reisende mit dem Ziel gewaltfreier Kommunikation. Derzeit tätig an einer freien Schule und freiberuflich in präventiver musiktherapeutischer Arbeit mit Kindern und Erwachsenen.
musikgiraffe(at)gmx.de

Oliver Schöndube
Geb. 1975. Dipl.-Musiktherapeut, Lehrer, leidenschaftlicher Musiker. Derzeit tätig an einer Grundschule und freiberuflich im Netzwerk Musik auf Rädern in präventiver musiktherapeutischer Arbeit mit Kindern und Erwachsenen sowie im Coaching für Musikstudierende.
o.schoendube(at)musikaufraedern.de