Schwerpunktthema

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Instrumente in der Altorientalischen Musiktherapie - Geschichte. Symbole

Von Oruç Güvenç

 

Sowohl im Schamanentum, im Sufitum und der Musiktherapie spielen Musikinstrumente eine große, wichtige und heilende Rolle. Die Instrumente tragen alle Symbolgehalte, manchmal sogar die Werkzeuge, mit denen sie bearbeitet werden. Das Querbeil (keser) symbolisiert den Egoismus, weil es bei der Arbeit immer auf die Person hingezogen wird. Es symbolisiert, alles zu sich heran zu ziehen: ich, ich, ich ...

 

NEY (Bambusflöte)

Die Ney hat neun Bambusabschnitte. Die inneren Membranen dazwischen müssen durchstoßen werden, um das Instrument zu reinigen. Das Entfernen der inneren Verholzungsringe führt symbolisch zur inneren Leere. Diese Verholzungen, Membranen, so sagt Hazreti Mevlana, entsprechen den inneren Barrieren, den Egoismen, den Mängeln, Fehlern des Menschen, die es durch Reinigung zu beseitigen gilt, um zur Reife zu gelangen. Der Mensch muss seine Komplexe überwinden, leer werden, zum Medium Allahs werden.
Durch die innere, wie äußere Reinigung wird der Klang der Ney rein und der Mensch freundlich, tolerant, liebevoll und hilfsbereit.
Die Ney schafft eine Brücke zwischen Gedanken und Herz, schafft eine Balance zwischen Denken und Fühlen. In dieser Position wird sie auch gehalten.
Die Ney hat sieben Spiellöcher, die den sieben Sinnesöffnungen des Menschen entsprechen: zwei Ohren, zwei Augen, zwei Nasenlöcher und der Mund. Diese Sinnesöffnungen ermöglichen dem Menschen, die Welt um ihn herum aufzunehmen, den Sinn und das Wesen seines Lebens zu erkennen.
Unsere Sinne schaffen eine Verbindung zwischen Innen­ und Außenwelt.

 

REBAB

Die Rebab ist ein Saiteninstrument und wird mit einem Bogen gespielt.
Ihr Klangkörper wird aus einer ausgehöhlten Kokosnuss gebaut, die dann auf der offenen Vorderseite mit einer Schafs­ oder Fischhaut bespannt wird. Der bundlose Hals ist recht lang und mit drei Saiten bespannt, zwei Metallsaiten (das Innere Seide), eine Pferdehaarsaite. Ihr Ursprung ist Zentralasien. Von dort wurde sie von dem Mystiker Hazreti Mevlana Rumi in die Türkei gebracht. Turgut Baba sah in der Form der Rebab das Koranische Wort Kün = Es sei! symbolisiert. Es besteht aus den beiden Buchstaben Kef und Nun.
Das heißt, die Rebab verkörpert in ihrer Form den göttlichen Befehl: Sei! Den göttlichen Willensakt und den Befehl zur Schöpfung.

Hazreti Mevlana:
„Das Herz gleicht der Rebab und die Liebe im Herzen ist der Bogen. Die Resonanz der Herzen entsteht durch das Streichen des Bogens.
Der Klang entsteht, wenn der Bogen über die Saiten streicht. Wenn die Saite schwingt, kann sich kein Gedanke zwischen Bogen und Saite drängen.
Der Klang der Rebab vertreibt die Traurigkeit aus den Herzen.“

 

CENG

Eine zentralasiatische Harfe. Sie wird mit beiden Händen gespielt.­ Früher war sie besonders in der Mevlevimusik zu hören. Schon im solistischen Spiel bringt sie aufgrund der beidhändigen Melodieentwicklung die Idee von Austausch, Gespräch oder Begegnung ein, die im sonst melodisch einstimmigen orien­talischen Raum besonders berührt und sich sonst nur in der freien improvisatorischen Begegnung zweier Melodieinstrumente findet.

 

OUD. KOPUZ

Die Oud ist eine Kurzhalslaute, mit 11 Saiten. Sie wird mit einem Pick (Penar, Plektron) gespielt.­ Charakteristisch sind ihr weit ausladender Körper und der relativ kurze Hals ohne Bünde. Ihr Ursprungsland ist Zentralasien. In dem Buch Sırrıl esrar von Abdul Kadir Gelani, einem großen­ Ordensgründer und Sufiheiligen, schreibt er: Wer sich nicht am Frühling freut, mit seinen Blumen, dem Sema, den Gedichten des Semas, der Oud und ihrem vibrierenden Klang, dessen Charakter ist schlecht.

 

TAR

Die Tar ist ein Langhalsinstrument. Sie kommt aus Azerbaidschan und wird aus dem Holz des Maulbeerbaumes geschnitzt. Der Klangkörper wird mit einer Tierhaut überzogen. Das Instrument hat elf Saiten und wird mit einem Plektron gespielt. Sie wird in den unterschiedlichsten Musikformen eingesetzt. Sie klingt sehr „hell“ und löst verschiedenste Gefühle aus. Früher verwendete man sie häufig zum Erzählen von Geschichten und Legenden.

 

DOMBRA (DUTAR)

ist ein anderes Modell der Langhalslaute. Sie hat zwei Saiten, welche mit den Fingern gespielt werden. Ihr Heimatland ist Kasachstan und Kirgisien; dort spielt sie im Schamanentum eine wichtige Rolle.
Sie war eines der rituellen Haupt­attribute des Schamanen.

 

Dutar

Sie ähnelt sehr der Dombra. Auch sie hat zwei Saiten. Sie ist größer als die Dombra und wird ebenfalls ohne Penar oder Plektron gespielt. Man findet sie vorwiegend in Uzbekis­tan und bei den Uiguren. Sie dient hauptsächlich dem Begleiten von Legenden.

 

BALABAN (MEY)

Doppelrohrblattinstrument – asia­tische Oboe – gehört zu den ältesten Blasinstrumenten in Asien, sehr tiefer Ton.

 

MAZHAR (BENDIR)

(Rahmentrommel). Ein hölzerner Rahmen ist mit einer Tierhaut (Schafsfell oder Ziegenhaut) bespannt. Mit beiden Händen werden unterschiedliche Rhythmen geklopft oder geschlagen. Die Trommel war eines der Hauptinstrumente der zentralasiatischen Schamanen. Unter den Klängen der Trommel versetzte sich der Schamane in Trance und Ekstase und rief seine Geister herbei. Die Trommel symbolisierte für ihn z. B. das Pferd – ein Krafttier, mit dessen Hilfe er in die anderen Welten reisen konnte. Die rituelle Bedeutung der Trommel ist gewaltig: Die Schamanen „versammelten“ insbesondere ihre Hilfsgeister in der Trommel und „schütteten“ sie während des Heilrituals in den Kranken.

 

Der Autor:

Oruç Güvenç
geb. 1948. Studium Literaturwissenschaft, Philosophie, Medizin & Psychologie. Promotion über türkische Musiktherapie. Gründer 1976 und Leiter der Gruppe Tümata. 1991­1996 Leiter Abt. Ethnomusikologie, Forschung und Musiktherapie Universität Istanbul. Sufimeister