Musiktherapeutischer Klinikspaziergang

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Karl-Jaspers-Klinik Bad Zwischenahn

Von Birgit Hübner, Stefanie Hoppe-Zimmermann und Heinrich Menno Müller

 

Die Weiterentwicklung der Musiktherapie in der Karl-Jaspers-Klink Bad Zwischenahn (Psychiatrieverbund Oldenburger Land gGmbH)

Auf einem großen, parkähnlichen Gelände zwischen Oldenburg und Bad Zwischenahn liegt die Karl-Jaspers-Klinik. Sie ist ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Akademisches Lehrkrankenhaus der Georg-August-Universität Göttingen.

Die Karl-Jaspers-Klinik ist in fünf Kliniken unterteilt: Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie, Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie, Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie, Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie und fünf Tageskliniken in verschiedenen Städten. Bei ca. 850 Mitarbeitern umfasst der vollstationäre Bereich 488 Betten auf 24 Stationen und der teilstationäre Bereich, als Bindeglied zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, 70 Plätze. Insgesamt werden jährlich ca. 6850 Patientinnen und Patienten stationär und teilstationär behandelt. Dazu kommen noch die Institutsambulanzen der einzelnen Kliniken in verschiedenen Kommunen der Versorgungsregion. Der Versorgungsauftrag bezieht sich auf neun Gebietskörperschaften im alten Land Oldenburg mit etwa einer Million Einwohnern.

 

Musiktherapie in der KJK

Die künstlerisch-musischen Therapien haben eine lange Tradition in unserer Klinik und wurden schon zu Zeiten der „Landeskrankenhäuser“ nach und nach erweitert. Unter der Leitung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. Jörg Zimmermann, der auch an der Musikhochschule in Hamburg unterrichtet, konnte die Bedeutung der Musiktherapie in den letzten vier Jahren ausgebaut werden. Eine öffentliche Musiktherapie-Vortragsreihe mit Prof. Hans-Helmut Decker-Voigt und eine einjährige Weiterbildung in „Musiktherapie/Intermodale Methodik“ ergänzt durch regelmäßige fallbezogene Supervision wurden den Mitarbeitern ermöglicht.
Im musiktherapeutischen Bereich arbeiten vier Mitarbeiter (zwei Frauen, zwei Männer) mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Es steht uns ein großes Instrumentarium zur Verfügung: verschiedene Stabinstrumente (Xylo-/Metallophone), diverse Percussionsinstrumente (Trommeln, Schlitztrommel, Cajon, Schlagzeug,…), verschiedene Saiteninstrumente (Gitarre, Kantele, Streichpsalter), Klavier, Keyboard, Steeldrum, Hang, diverse Klangschalen, Gongs und weitere kleine Instrumente.
Ein Umzug der Musiktherapie in die gesamte untere Etage eines freistehenden Altbaus mit großem Garten steht kurz bevor. Dort werden ein großer, lichtdurchfluteter Musiktherapieraum mit Panoramafenstern und Blick ins Grüne, ein weiterer, etwas kleinerer aber ebenso heller Therapieraum für die Klangschalentherapie und ein Gemeinschaftsbüro eingerichtet. Die Räumlichkeiten der Musiktherapie sollen eine einladende, warme, helle und beruhigende Atmosphäre bieten, die den Patienten im therapeutischen Geschehen Sicherheit und Orientierung gibt.
Die Musiktherapie gilt, wie die anderen künstlerisch-musischen Therapien (Kunsttherapeutische Ateliers, Bildhauerwerkstatt, Töpferei, Tanz-und Theatergruppe), ebenso wie Bewegungs- und Ergotherapie, als Cotherapie und wird von den behandelnden Ärzten und Psychologen „verordnet“. Die Entscheidung, welche Patienten in die aktive Gruppenmusiktherapie kommen, wird im multiprofessionellen Team gemeinsam getroffen. Oft äußern jedoch auch die Patienten von sich aus den Wunsch, an dieser oder jener Cotherapie teilzunehmen, vor allem dann, wenn sie diese bereits aus Voraufenthalten kennen und für sich als bereichernd erleben konnten.
So vielfältig wie die psychiatrischen Erkrankungen und ihre Störungsbilder, so vielfältig sind auch die Musiktherapiestunden in der Zusammenarbeit mit Patienten der verschiedensten Stationen in der Karl-Jaspers-Klinik. Die Musiktherapie arbeitet „klinikübergreifend“ und hält Angebote für die Kliniken „Allgemeine Psychiatrie“, „Suchtmedizin“ und „Gerontopsychiatrie“ bereit. Es kommen Patienten mit den verschiedenen Diagnosen aus dem akutpsychiatrischen Bereich (z.B. Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, affektive Störungen, Sucht, etc). Als klinik- und stationsübergreifendes Angebot gibt es die Trommelgruppe, zweimal pro Woche für je eine Stunde. Hier werden auf verschiedenen Trommeln und Percussioninstrumenten einfache Rhythmen bis hin zu rhythmischen Arrangements gemeinsam gestaltet und gespielt. Konzentration, Körperwahrnehmung und Motorik werden gestärkt, Körper und Geist belebt und aktiviert. In freien rhythmischen Improvisationen und Interaktionsspielen werden soziale Kompetenzen, Kommunikation und Interaktion gefördert. Trommeln bietet zudem die Möglichkeit, destruktive Energien in konstruktive, kreative Elemente umzuwandeln.
Es ist ein Bestreben der Karl-Jaspers-Klinik, durch engagierte Öffentlichkeitsarbeit eine positive Einstellung zu psychisch kranken Menschen zu fördern. In diesem Sinne treten die Trommelgruppe und der Chor regelmäßig bei offiziellen Anlässen auf. Außerdem finden seit fast 20 Jahren öffentliche Aufführungen der Patiententheatergruppe statt, bei denen die Musiktherapie in Projektarbeit mitwirkt.


Aktive Musiktherapie
(B. Hübner)

Aktive Gruppenmusiktherapie ist stationsgebunden und findet ein- bis zweimal wöchentlich für 60 Minuten statt. Einzeltherapien werden je nach Bedarf ein- bis zweimal pro Woche für 30-50 Minuten vereinbart. Musiktherapie bedeutet für mich immer Beziehungsarbeit, d.h. der Patient mit seiner Erkrankung, seinen Bedürfnissen, Sorgen und Problemen aber vor allem auch mit seinen Fähigkeiten und Ressourcen steht im Mittelpunkt. Es soll ein Ort sein, an dem in leistungsfreier Atmosphäre neue Erfahrungen und Begegnungen mit sich und anderen möglich werden.
Im Mittelpunkt der aktiven Musiktherapie steht die musikalische Improvisation. Diese kann ganz frei sein, oder es werden strukturgebend zielgerichtete Spielregeln oder Themen gemeinsam festlegt. Improvisieren ist frei von „richtig“ und „falsch“, bedeutet spontan „aus dem Bauch heraus“ spielen, ausprobieren, experimentieren, sich auf „Neuland“ einlassen, aber auch Unvollkommenem und Disharmonischem begegnen. Die musikalische Improvisation ermöglicht den nichtsprachlichen Ausdruck des inneren Erlebens, ein Anregen und Beleben der Gefühlsebene und ein „In-Beziehung-Treten“ mit sich selbst und anderen. Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen leben unter Umständen sozial isoliert und können im gemeinsamen Improvisieren Gemeinschaftserleben und Angenommensein erfahren, was die soziale Kompetenz und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten fördert und Ressourcen stärkt. Im Anschluss an das musikalische Spiel findet ein reflektierendes Gespräch statt. Dadurch können erlebte Gefühle, Gedanken und Erfahrungen mehr ins Bewusstsein treten. Es führt zu einem Transfer vom Musikerleben ins alltägliche Leben, indem die individuellen Themen und Muster erkannt und neue Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt werden. Weitere musikalische Improvisationen dienen dann dazu, neue Handlungsweisen auf sicherem Terrain zu erproben.

Fallvignette
In einer Musiktherapiegruppe entsteht aus der Befindlichkeitsrunde heraus folgende Spielverabredung für die Improvisation:
„Zunächst bleibt jeder mit der Aufmerksamkeit bei sich selbst und der eigenen Musik; nach einer gewissen Zeit – wenn es stimmig erscheint – kann mit den anderen Spielern musikalisch Kontakt aufgenommen werden“.
Es entsteht eine Musik, die durch einen ruhigen und klaren Rhythmus geprägt ist, der vor allem von einer Patientin, Frau M., initiiert wird. Sie ist auch diejenige, die mit ihren Tönen auf dem Bassxylophon für einen sanften Anfang sorgte. Alle Spieler bleiben im Verlauf des Spiels in ihre eigenen Melodien und Klänge versunken, die jedoch jeweils harmonisch in den Gesamtklang integriert sind. Es entstehen keine deutlichen Kontaktanbahnungen. Auch Frau M. geht nicht auf meine Kontaktversuche ein, die sie wohl wahrnimmt. Sie ist wiederum diejenige, die die gemeinsame Improvisation mit weichen Klängen ausklingen lässt.
Im Anschluss an das Spiel geben fast alle die Rückmeldung, dass sie ihr eigenes Spiel und auch den Gesamtklang als entspannend und erfüllend erlebt haben und kein Bedürfnis verspürt hatten, mit den anderen in Kontakt zu treten. Frau M. empfindet das anders: Sie habe dafür gesorgt, dass die anderen spielen konnten, habe die Basis für die anderen bereitet, selber aber nicht diese Zufriedenheit verspürt. Sie berichtet von ihrer Berufssituation, in der es ihr ähnlich ergehe: Während die Kollegen sich um sich selbst kümmerten und sich weiterbildeten, leiste sie die Basisarbeit. Ihre Enttäuschung über die mangelnde Anerkennung wird deutlich. Es gelingt ihr hier, eigene Muster zu erkennen, die sich auch in der Musik widerspiegeln. In weiteren Improvisationen versucht sie, mehr für sich selber zu sorgen und ins „Spielen“ zu kommen. Sie kann dann innerhalb des musikalischen Miteinanders eine andere Rolle ausprobieren, was ihr Freude und neue (Selbst-)Erkenntnisse bereitet.


Stimmtherapie / Singen und Chor
(S. Hoppe-Zimmermann)

Meine Tätigkeit als Stimmtherapeutin umfasst hauptsächlich die Betreuung der Patienten der „Klinik für Gerontopsychiatrie“ auf vier Stationen in Einzel- bzw. Gruppensitzungen und die Leitung des klinikübergreifenden Klinikchores.
Gerade Menschen über 65 haben einen natürlichen Zugang zur Singstimme, da sie in einer Zeit aufgewachsen sind, in der das Singen noch ein fester Bestandteil des Alltags war. Andererseits gibt es gerade auch in diesen Generationen viele Menschen, die Erinnerungen an traumatische Erlebnisse mit dem Singen verbinden. Hier ist beispielsweise die Situation gemeint, in der Schule einzeln vorsingen zu müssen und sich dabei bloßgestellt zu fühlen.
Die positive Resonanz auf das Singen überwiegt dennoch weitgehend. In der aufsuchenden Musiktherapie werden die Patienten auf den Stationen zu festen, regelmäßigen Zeiten motiviert, an den Singgruppen teilzunehmen. Das Angebot richtet sich an alle Patienten auf der Station. Ziel ist die Förderung der Gemeinschaftsbildung, die Aktualisierung von Gefühlen, Stärkung der Ausdrucksfähigkeit, Verbesserung der Atmung und der Sauerstoffversorgung, die Stärkung des Selbstwertes und der Selbstwirksamkeit.
Das Repertoire orientiert sich am Gesundheitszustand der Patienten. Abhängig davon, wie aufnahmefähig die Menschen sind, werden bekannte Volkslieder, Schlager und Lieder auf Plattdeutsch mit Klavierbegleitung gesungen oder einfache, neue Lieder erlernt.
Gerade auf den beiden Stationen, auf denen vorwiegend demenziell erkrankte Patienten behandelt werden, machen wir mit dem Singen sehr positive Erfahrungen.
Um eine gute Betreuung der Gruppe zu gewährleisten, arbeiten wir auf diesen Stationen zu zweit. Es kommt nicht selten vor, dass Patienten verbal gar nicht zu erreichen sind, wohl aber die Texte und Melodien der alten Volkslieder mitsingen können. Manche Lieder bieten den Menschen einen emotionalen Halt. Eine 85jährige, fast vollständig erblindete Patientin wollte nicht auf der Station bleiben und diskutierte mit Angehörigen und Pflege. Als sie das Lied „Ännchen von Tharau“ hörte, hielt sie inne, war von der Melodie sehr berührt und äußerte, dass sie dieses Lied seit Jahren nicht mehr gehört habe. Sie nahm in der Runde der Singenden Platz und war bereit, auf der Station zu bleiben. Welch’ direkten Einfluss der Gesang auf die Gefühlswelt der Menschen haben kann, erlebten wir auch an der Reaktion einer anderen Patientin, die eine ausgeprägte Rufsymptomatik aufwies, d.h. sie rief lautstark stundenlang über die ganze Station mit inzwischen heiserer Stimme immer die zwei gleichen Namen. Dabei war sie verbal nicht zu erreichen und nicht zum Aufhören zu bewegen. Wir nahmen sie mit in die Singgruppe, wo sie sich bei den ersten Klängen sofort entspannte und dem Gesang der Gruppe zu unser aller Überraschung ruhig zuhörte.
An den Einzelsitzungen der Stimmtherapie nehmen Patienten teil, die meistens einen positiven Bezug zur Stimme haben. Oft beginne ich mit dem Beobachten des eigenen Atems. Es folgen Resonanzübungen, d.h. ich lade dazu ein, die Köperinnenräume singend zu erspüren. Teilweise äußern Patienten den Wunsch, ihren Tonumfang zu erweitern. Es geht dann darum, den Patienten aus seiner persönlichen stimmlichen „Komfortzone“ heraus zu locken, um die eigenen Grenzen zu erweitern.

Fallvignette
Eine 73jährige Patientin (Frau S.), die seit acht Jahren an Parkinson erkrankt war, litt unter einer stark ausgeprägten Depression und an Ängsten. Es fiel ihr sehr schwer, ihren gesundheitlichen Zustand zu akzeptieren - ihre Gedanken kreisten um ihre Gebrechlichkeit. Sie empfand ihren körperlichen Zustand, wie sie es nannte, als „jämmerlich“. Zu ihrer Singstimme hatte sie ein positives Verhältnis und erzählte aus der Vergangenheit, dass sie als junge Frau Gesangsunterricht hatte und oft auf Festen und in der Kirche aufgetreten sei. Zeitweise hegte sie sogar den Wunsch, Gesang zu studieren. Die Einzelstimmtherapie war zunächst davon beeinträchtigt, dass sie wenig in der Lage war, sich auf andere Inhalte als auf ihre momentane körperliche Befindlichkeit einzulassen. Ich ging dazu über, Lieder aus ihrer musikalischen Vergangenheit einzubringen, die wir gemeinsam rekonstruierten, was ihr sichtlich Freude bereitete. In der letzen gemeinsamen Sitzung brachte sie eine alte Tonbandaufnahme von sich mit, die inzwischen auf CD überspielt war. Aufgenommen wurde diese, als Frau S. Mitte 20 war. Das lange Zeit nicht abgespielte Tondokument löste beim Hören viele Erinnerungen aus. Frau S. änderte daraufhin ihre Haltung. Sie sprach voll Dankbarkeit über die Möglichkeit, die sie mit ihrer Stimme hatte, vor allem die, einen wertvollen Beitrag für andere geleistet zu haben. Damit machte Frau S. den ersten Schritt in Richtung positiver Rückschau und Wertschätzung ihres eigenen Lebens. Sie war erleichtert, für einen Moment, oder länger, ihre klagende (wie sie es nannte jammernde) Haltung abgelegt zu haben.
Ein weiterer Tätigkeitsbereich ist der klinikübergreifende Klinikchor, zu dem alle Patienten einmal in der Woche eingeladen sind. Es werden einfach zu lernende Lieder aus unterschiedlichen Kulturen gesungen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass in der Wiederholung und der Einfachheit der Lieder die Möglichkeit gegeben ist, in das Erleben der eigenen Stimme zu gelangen. Sehr anregend waren in dem Zusammenhang Fortbildungen beim Verein Singende Krankenhäuser e. V., Patienten der KJK nahmen an der von Prof. Gunter Kreutz und S. Clifft konzipierten empirischen Studie zur Wirksamkeit des Singens teil.


Rezeptive Musiktherapie: Klangschalentherapie
(H.M. Müller)

Vor drei Jahren wurde die Klangschalentherapie (auch vibro akustische Klangtherapie) in der Karl-Jaspers-Klinik eingeführt. Sie ist Bestandteil der künstlerischen Therapien und der Musiktherapie und wird bisher von den Patienten mit verschiedensten Störungsbildern erfolgreich akzeptiert. Wesentlicher Teil der Klangschalentherapie ist die Klangschalenmassage.
Die Klangschalen werden dem Patienten auf den bekleideten Körper aufgesetzt, dies kann je nach Befindlichkeit sowohl in liegender, sitzender oder auch in stehender Haltung erfolgen. Durch achtsames, angepasstes und wiederholtes Anschlagen der Klangschalen erfährt der Patient dabei die obertonreichen Schwingungen als eine angenehme, wohltuende, feine, alle Körperzellen durchdringende und Blockaden lösende Massage. Eine tiefe psycho-vegetative Entspannung wird möglich. Die angenehmen Klänge der Schalen sprechen das ursprüngliche Vertrauen der Patienten an und fördern dadurch die Bereitschaft loszulassen. Je nach Befindlichkeit des Patienten kann die Klangschalenmassage sowohl akustisch als auch strukturell angepasst werden.
Die oft verlorengegangene und in der Psychotherapie so wichtige Körperwahrnehmung wird auf Dauer erheblich verbessert. Der Patient kann wieder in Kontakt mit seinen Bedürfnissen und seinem Selbst kommen. Entspannung und Genuss-Training sorgen für eine Unterbrechung des gedanklichen Stresses, der durch Ängste, Zweifel und ähnliche Gefühle negativen Einfluss auf die Gesundheit haben kann. Die Wahrnehmung des „Hier und Jetzt“ kann geübt werden. Kreisende Gedanken kommen zur Ruhe und die Seele des Patienten kann Zeit zur Entfaltung finden.
Deshalb ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Klangschalentherapie das psychotherapeutische Gespräch mit dem Patienten. Die Klangschalenmassage an sich, aber auch die Reflexion des Patienten auf das Erleben, Fühlen und Hören während der Behandlung können hilfreiche Motivation und nützliche Hinweise auf dem Weg der Gesundung und Veränderung des Patienten sein.
Die vielfältigen Ansätze aus der Musiktherapie bereichern dabei die Klangschalenarbeit. Es ergeben sich Synergieeffekte, die dem Patienten mit der klangpraktischen Arbeit helfen können, seine neuen Hör– und Gefühlserlebnisse für sich musikalisch auszudrücken, zu verinnerlichen und zu festigen.
Die Klänge der Schalen eignen sich ebenso gut, um Patienten mit Hörminderung und oft chronischem Tinnitus zu behandeln und zu begleiten. Sie werden über das Gehör als sanfte, zeitlich und räumlich koordinierte Stimulation für den Hörnerv vermittelt (Retraining bei Tinnitus). Die vom Patienten wahrgenommene Entspannung und das Genuss-Training sorgen auch hier für eine Unterbrechung der belastenden Tinnituswahrnehmung.
Neuronale Reorganisation lässt den Tinnitus in den Hintergrund treten. Die begleitenden rezeptiven musiktherapeutischen Übungen stützen die Ziele der Klangschalentherapie und im Besonderen die der Tinnitusbehandlung. Diese können vom Patienten auch zu Hause allein weitergeübt werden.

Die Autoren:

Birgit Hübner
Geb. 1970, Dipl. Musiktherapeutin FH/NL, Hogeschool Enschede, Sector Conservatiorium, seit 1994 in der Karl-Jaspers-Klinik (KJK).

Stefanie Hoppe-Zimmermann
Geb. 1967, Gesangspädagogin, Hochschule für Künste Bremen, Stimmtherapeutin, seit 2010 in der KJK tätig.

Heinrich Menno Müller
Geb. 1958, Musik- und Klangschalentherapeut, seit 2009 in der KJK tätig.