Praxisvorstellung

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StimmeKlangMusik – Praxis für heilkundliche Psychotherapie/Musiktherapie, Saarbrücken

Von Christine Kukula

Mein Weg zur Musiktherapie
Mein Name ist Christine Kukula. In Baden-Württemberg geboren, lebe ich seit vielen Jahren im Saarland. Hier habe ich eine kirchenmusikalische Ausbildung (C-Prüfung) absolviert und Sozialarbeit studiert. An jeder sozialpädagogischen Arbeitsstelle floss Musik in die Arbeit ein. Als Kirchenmusikerin war mir wichtig, mit Musik die Gemeinschaft und die Freude am Singen ohne Bewertungen zu fördern.
Musik ist bis heute meine ständige Begleiterin in den unterschiedlichsten Lebenslagen. Diese persönliche Erfahrung und der Wunsch, Musik im therapeutischen Sinne fundiert in meine Arbeit einfließen zu lassen, ließen mich im Alter von 40 Jahren Musiktherapie an der Fachhochschule Frankfurt studieren. Selbsterfahrung, kontemplative Zeiten, Fortbildungen im therapeutischen wie im kreativen Bereich ergänzten die im Studium erworbenen Kenntnisse und schufen so eine weitere Grundlage für die Arbeit in meiner Praxis für heilkundliche Psychotherapie und Musiktherapie in Alt-Saarbrücken.

„Soll’s das gewesen sein?“ – was vor der Eröffnung der ambulanten Praxis lag
Im Rahmen meines Musiktherapiestudiums führte ich Musiktherapie auf der Palliativstation des Krankenhauses, in dem ich als Sozialarbeiterin arbeitete, ein. Nach Beendigung des Studiums konnte ich die musiktherapeutische Arbeit auf der Palliativstation nebenberuflich gegen Honorar fortführen. Musiktherapie wurde so zum zweiten beruflichen Standbein. In meiner späteren Tätigkeit im ambulanten Hospizdienst gewann ich den Förderverein für die Finanzierung von Musiktherapie. Seitdem begleite ich regelmäßig HospizpatientInnen zu Hause. Verschiedene weitere Honorarstellen kamen hinzu. Es war im Nachklang eines Gesprächs mit einem Palliativpatienten, der über sein ungelebtes Leben sprach, das letztendlich den Impuls gab, die Anstellung als Sozialpädagogin aufzugeben und mich hauptberuflich als selbstständige Musiktherapeutin niederzulassen.

„StimmeKlangMusik“ – Rahmen und Konzeption
Die schon vorhandenen musiktherapeutischen Tätigkeiten bildeten zusammen mit dem Zuschuss für ExistenzgründerInnen eine Ausgangsbasis für die Arbeit als selbstständige Musiktherapeutin. Dazu kam das Angebot, im neu gegründeten palliativen Konsiliardienst an der Universitätsklinik Homburg als Honorarkraft mitzuarbeiten. Da ich jedoch nicht nur außer Haus tätig sein wollte, suchte ich einen Praxisraum, der sowohl für Einzel- wie auch für Gruppenarbeit geeignet war. Es sollte möglichst ein freistehender, gut erreichbarer und barrierefreier Raum sein. Ich hatte Glück und fand in Alt-Saarbrücken ein Gebäude, das diese Kriterien erfüllte.
Stimme – Klang – Musiktherapie, das waren und sind die drei Pfeiler, auf die sich meine Arbeit stützt: Die Stimme als das Instrument, das uns am nächsten ist, über das sich Stimmung ausdrückt und das Körper und Seele in sich vereint. Klang als Medium, das schon seit Urzeiten in der Menschheitsgeschichte zielgerichtet eingesetzt wird, um Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen. Musiktherapie als ganzheitliche Therapie, die über das Medium Musik den Menschen auf allen Ebenen anspricht. Meine Praxis steht für erwachsene PatientInnen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen sowie für Menschen mit Behinderungen offen. Aber auch Menschen, die sich Klarheit verschaffen möchten über ihren persönlichen oder beruflichen Weg, finden hier einen geschützten Raum. Ich gehe davon aus, dass jeder Mensch über gesunde Anteile verfügt und die Lösung seiner Probleme in sich trägt. In Krisenzeiten scheint die Lösung verschüttet. In Zeiten schwerer Erkrankung werden die gesunden Anteile nicht mehr wahrgenommen. Ich sehe meine Aufgabe darin, beim Entdecken der Lösung behilflich zu sein. Das Bewusstwerden der eigenen Ressourcen, Chancen und Möglichkeiten sind wichtige Bausteine auf diesem Weg. Im Rahmen der Musiktherapie gesunde Anteile bewusstwerden zu lassen und zu fördern, ist ein weiteres wichtiges Anliegen in meinem Arbeitsverständnis. Von daher bilden Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheitsförderung sowie Erwachsenenbildung, Fortbildung v. a. im Bereich Demenz, Palliativarbeit und an Schulen für Gesundheitsberufe eine bunte Palette.

Die Praxis
Licht, Helligkeit und Ruhe sollten die Praxis prägen. Die Wände sind bewusst weiß gehalten. Leere Flächen geben den KlientInnen die Möglichkeit, ohne Ablenkung durch zu viele äußere Reize eigene innere Bilder zu entwickeln. Die Instrumente stehen offen im Raum und sind oft ein erster Blickfang. Farbe kommt durch rote Stühle und bunte Sitzkissen in den Raum. Es gibt eine Sitzecke für Eingangsgespräche und die musikimaginative Arbeit. Musikalische Interventionen finden im anderen Teil des Praxisraums statt.

Was die Menschen in die Praxis führt
Über die Jahre hinweg ist der Schwerpunkt meiner Arbeit im onkologischen, palliativ-hospizlichen Bereich geblieben. Onkologische PatientInnen kommen zur Einzeltherapie in meine Praxis. In Zusammenarbeit mit der Saarländischen Krebsgesellschaft biete ich eine psychoonkologische Musik-therapiegruppe an. Inhalte der psychoonkologischen Einzel- wie auch der Gruppenarbeit sind der Umgang mit der Erkrankung, das Erkennen von alten, blockierenden Mustern, die Bewusstwerdung vorhandener Ressourcen, Versöhnung bzw. Neudefinition bei körperlicher Versehrtheit, das Erproben und Erweitern von Handlungsspielräumen und damit verbunden die Stärkung des Selbstvertrauens. PalliativpatientInnen begleite ich im Rahmen von Hausbesuchen. Auch hier geht es um die Stärkung von Ressourcen und Förderung der Lebensqualität. Daneben kommen Menschen mit Depression, psychosomatischen Beschwerden, Anpassungsstörungen, traumatischen Belastungsstörungen oder Trauer zur psychotherapeutischen Behandlung in meine Praxis. Zunehmend finden sich Menschen ein, die den Zusammenhang zwischen Stimme und Psyche erkennen, die Zugang zu ihrer Stimme finden und da­ran arbeiten möchten. Gelegenheit zum Singen in der Gemeinschaft finden Interessierte im Rahmen des „Heilsamen Singens“, einer offenen Singgruppe, sowie bei „Stimmlust – Chor für Frauen, die schon immer in einer Gemeinschaft singen wollten und sich nun trauen“. Die Themen Entspannung und Körperwahrnehmung sind ebenso Anliegen, mit denen sich Menschen an mich wenden. Hierzu biete ich Klangbehandlungen mit Klangschalen oder im Klangstuhl an.
 

„… dieses gemeinsame Erleben, das ist schon etwas ganz Kostbares …“ –
Was in der Therapie hilft
Ich verstehe meine Arbeit als Beziehungsarbeit. Es ist die Begegnung zwischen Menschen, im Rahmen einer offenen Beziehung, in der sich Selbsterkenntnis und Veränderung entwickeln können. Mir ist es wichtig, dem Gegenüber unvoreingenommen und wertschätzend zu begegnen. Die Arbeit mit Menschen in der letzten Lebensphase lehrt mich immer wieder, dass die Kategorien „gesund“ und „krank“ nicht ausschlaggebend sind. Entscheidend scheint letztendlich, ob wir mit uns und dem Leben in Einklang sind, ob wir uns selbst erkennen und in der Welt verwirklichen können. Mein methodischer Ansatz ist tiefenpsychologisch orientiert. Ressourcenorientierung, Elemente aus der Gestalttherapie, der Traumatherapie und dem systemischen Arbeiten kommen hinzu. Immer wieder melden KlientInnen und PatientInnen zurück, wie vielfältig sie Musiktherapie erleben. In der Gruppentherapie sind es u. a. die Aspekte des gemeinsamen Erlebens und des Experimentierens im geschützten Rahmen, die nachhaltig wirken. Ein Patient erinnert sich: „… wir hatten ja innerhalb der Gruppe ganz unterschiedliche Themen. Und es ist phänomenal, dass wir diese über die Musik ausgedrückt haben… Das hätten wir vielleicht sprachlich nicht so hingekriegt.“ Eine Patientin äußert im Abschlussgespräch: „Wir haben so vielseitige Sachen gemacht: Improvisation oder auch Musik­reisen, wo man sich in seiner Fantasie irgendwohin bewegt. Es war überhaupt gar kein Problem, da mitzumachen. Vor allem aber, weil man wusste: Keiner hat Erfahrung, keiner ist da irgendwie besser oder schlechter. Wir sind irgendwie alle gleich, in einem geschützten Rahmen…“ Auf die Frage, ob es und was Überwindung gekostet habe, schildert ein weiteres Gruppenmitglied: „Ich hab mir auch mal das Cello geschnappt, in der Annahme: ach, das sieht so leicht aus. Da hab ich mit dem Bogen drauf gespielt. Das war ’ne große Überwindung. Was zu produzieren, was in meinen Ohren nicht schön oder auch in anderen Ohren vielleicht nicht schön ist. Einfach auf einer Saite rumzustreichen, zu denken: oje, oje, wie hört sich das an, und trotzdem mich damit zu beschäftigen und am Schluss mich richtig zu versöhnen mit dem Instrument. Es war richtig schön, auch mal was zu tun, was man nicht vorahnen kann oder wo man nicht direkt perfekt sein muss… “
Musik ist für mich ein wunderbares Hilfsmittel, ähnlich einer Co-Therapeutin, die Impulse gibt, die hilft, zu halten und aufzufangen. Dies zeigt sich nicht nur in der aktiven Improvisation, sondern auch immer wieder auf beeindruckende Weise im Rahmen der musikimaginativen Arbeit von Guided Imagery and Music.

Musik, die erklingt
Die Musik ist so unterschiedlich, wie die Menschen, die sie spielen und hören. Im palliativen und hospizlichen Setting überwiegen zur Entspannung führende Klänge von Oceandrum, Klangschale, Sansula. Aber es kommen auch percussive Instrumente zum Einsatz und dementsprechend aktive und lebendige Klänge und Rhythmen. So drückte eine Patientin einmal ihre Trauer und Enttäuschung über das Fortschreiten der Erkrankung in einem 40-minütigen Spiel auf der Rahmentrommel mit anfangs kräftigen, schnell pulsierenden Schlägen aus, die sich am Ende in einem fade out verloren. Ein anderes Mal dichtete und sang sie zu ihrem Spiel auf dem Xylophon im Dreivierteltakt: „Die Sonne scheint, es geht mir gut. Wir machen Musik, das macht mir Mut“. Menschen am Ende ihres Lebens schauen oft zurück und ziehen Bilanz. Hier unterstütze ich mit Liedern – häufig vom Akkordeon begleitet – und Musikstücken vom Tonträger, die im Leben der Patientin eine Rolle spielten, wie z. B. die Musik, bei der sich ein Paar gefunden hat oder Musik, mit der Lebensfreude und schöne Erinnerungen verknüpft werden. Die Bandbreite reicht vom alten Volkslied oder Schlager über Rock, Pop und synthetischer Musik bis zu klassischer Musik. In der musiktherapeutischen Selbsterfahrungsgruppe klingt die Musik von chaotisch bis klar strukturiert, laut und leise, bruchstückhaft, schräg, harmonisch, je nach Zusammensetzung der Gruppe und Stimmung der Gruppenmitglieder.

„Ich bin nicht musikalisch…“ – Typisches aus dem Berufsalltag
Das Angebot der Musiktherapie ist nicht selbsterklärend. Viele Menschen haben von Musiktherapie noch nichts gehört. Vor allem in der klinischen Arbeit mit PalliativpatientInnen besteht immer wieder Erklärungsbedarf. Denn hier ist es die Therapeutin, die auf PatientInnen zugeht, im Gegensatz zum klassischen psychotherapeutischen Setting, in dem PatientInnen von sich aus die Therapie aufsuchen. Häufig begegnet mir im Erstkontakt die Aussage: „Ich bin nicht musikalisch. Ich kann kein Instrument spielen.“ Ich versuche dann zunächst, eine Beziehung bzw. Vertrauen aufzubauen. Ist „das Eis“ erst einmal gebrochen, lassen sich die PatientInnen in der Regel auf Musiktherapie ein und stellen fest, dass sie davon profitieren.
Es gibt viele berührende Momente in meiner Arbeit. Im Hospiz z. B., wenn Angehörige mit einem Hospizgast gemeinsam musizieren und es dabei lustig und freudvoll zugeht – wenn also eine Situation entsteht, die niemand an diesem Ort erwartet hätte. Oder wenn im gemeinsamen Spiel von Musiktherapeutin und Angehörigen für die Patientin eine Nähe entsteht, die in den oft durch Unsicherheit und Trauer geprägten Gesprächen nicht zustande kommt. Aber auch in der Einzel- oder Gruppentherapie in der Praxis, wenn spürbar wird, dass etwas Festgefahrenes sich löst und Bewegung wieder möglich wird.

Was ich mir für die Musiktherapie wünsche
Im Laufe meiner selbstständigen Tätigkeit konnte ich meine musiktherapeutische Identität festigen. Ein gutes Netzwerk ist entstanden, die Praxis mit ihren Möglichkeiten ist mittlerweile bekannt. Die bunte Palette an Betätigungsfeldern bereichert mein berufliches Leben. Musiktherapie in der psychoonkologischen Arbeit im Rahmen einer Beratungsstelle zu verankern, ist dabei ein neues Projekt.
Für die Musiktherapie wünsche ich mir, dass sie in unserem Gesundheitssystem als wirkungsvolle Behandlungsform anerkannt und finanziert wird.

Die Autorin

Christine Kukula
Musiktherapeutin DMtG, seit 2011 in eigener Praxis tätig, Diplom Sozialpädagogin, Heilpraktikerin auf dem Gebiet der Psychotherapie, Therapeutin für Guided Imagery and Music, Psychoonkologin DKG, Entspannungstrainerin, Mitglied im Bundesarbeitskreis Musiktherapie in der Onkologie/Hämatologie, Palliative Care und Hospizarbeit.

StimmeKlangMusik – Praxis für heilkundliche Psychotherapie/Musiktherapie
Hohenzollernstr. 84a
66117 Saarbrücken
0681 5848561
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www.stimme-klang-musik.de

Glossar
Palliativer Konsiliardienst:
Ein Team bestehend aus PalliativmedizinerInnen, Palliative-Care-Fachkrankenschwestern und -pflegern, einer Psychoonkologin und Vertreterinnen supportiver Therapien (musik-, kunst-, tiergestützte Therapie), das von allen Kliniken des Universitätsklinikums angefordert werden kann, um PalliativpatientInnen zu beraten und zu begleiten.
Guided Imagery and Music:
Eine Form der Psychotherapie bzw. Musiktherapie, die klassische Musik gezielt einsetzt, um psychische Blockaden zu lösen sowie die seelische und persönliche Entwicklung zu fördern.