Editorial

  • Drucken

3 x P: Von Prostitution und Psychotherapie und Persönlichkeitsstörung und vielem anderen

Musiktherapie und Persönlichkeitsstörung – am Beispiel der Borderline-Persönlichkeit.
In dieses dramatische Feld der Psychotherapie und Musiktherapie begleiten die Kollegen Gitta Strehlow, Hans Ulrich Schmidt und Heike Plitt die Leser mit dem Schwerpunktthema dieser MuG. Alle drei sind erfahrene Kliniker, wissenschaftlich tätig und kennen die Anfänge und Entwicklungen einer Borderline-Therapie nicht nur aus der eigenen Praxis, sondern auch durch Supervision anderer Therapeutinnen und Therapeuten. Und sie wissen um die enorme Spannung und Anspannung gerade dieser Therapien, die nicht nur die Patienten an ihre Grenze führen (Borderline, Engl. = Grenzline), sondern auch die erfahrensten Therapeuten, die die Patienten auf deren Schlingerkurs mit Symptomen zwischen schwerer Neurose und Psychose begleiten.
Der Autor dieses Editorials war selbst in seiner Zeit als Therapeut in der Psychiatrie auf den Austausch unter den Therapeutinnen und Therapeuten angewiesen, um erleichtert zu lernen: In den Anfangskontakten begegnen Borderline-persönlichkeitsgestörte Patienten ihren Therapeuten mitnichten mit den Signalen der Hilfsbedürftigkeit, sondern oft mit offener de­struktiver Aggression.
Umso tiefgreifender dann die Wendungen hin zu den konstruktiven Anteilen der Persönlichkeit des Patienten, zu seinen verschütteten Ressourcen und sozialen Resilienzen.
Danke den Autoren für die Aufbereitung von Einblicken in diese hochkomplexe Arbeit!

 


Ein anderes Thema, ein „generalisierendes Schwerpunktthema“ provoziert Sie in dieser Ausgabe hoffentlich so, wie es mich provozierte, als ich es den Referenten, den Psychiater und Psychotherapeuten Klaus Brücher, auf einem Symposion der Gesellschaft für Existenzanalyse und Logotherapie (V. Frankl) in Bremen vortragen hörte: Psychotherapie und Prostitution.
Provokation stammt von (lat.) provocare = wörtlich: hervorrufen. Was mit diesem Thema hervorgerufen wird, sind basishafte Überlegungen zur Struktur der therapeutischen Beziehung. Und die Überlegungen haben mich gelehrt, dass gar nicht oft genug über den Grund und die Gründe der Beziehung zu unseren Patienten nachgedacht werden kann.
Die Würdigung von zwei Kollegen anlässlich einer Auszeichnung bzw. einer Verabschiedung (letztere häufen sich anlässlich des Generationenwechsels in den Hochschulen und deren Ausbildergeneration) lesen Sie in diesem Heft in der Rubrik „Zur Person“. Erstere über Ralph Spintge, ja den, der mit der Musik in der Medizin aber inzwischen ohne „in“: MusikMedizin und über Volker Bernius, den Redaktionschef der Musiktherapeutischen Umschau, der jetzt pensioniert wurde – aber Ruhe bewahren: nur als Redakteur des hessischen Rundfunks. Der MU, die unser aller Zeitschriftenmedium ist, und damit uns allen bleibt er weiterhin erhalten.
Ein Beitrag zu einer der Stammrubriken sei ausnahmsweise hervorgehoben: „Die Praxisvorstellung“ von Gundula Buitkamp-Nagel und An­dreas Nagel erschien schon einmal – allerdings in Vorzeiten, nämlich der allerersten Ausgabe der MuG noch im ERES-Verlag. Was und wer sich wie in einem solch langen Zeitraum verändert, ist für mich als Wiederleser spannend – für Sie auch, die sich – hoffentlich – auch immer ändern.
Neben den weiteren vertrauten Rubriken richten wir mit dieser Ausgabe eine neue ein: Den Schluss der jeweiligen MuG bildete immer schon ein Praxisteil, in dem Handlungsmodelle vorgestellt wurden. Diesen Praxisteil werden wir mit dieser Ausgabe ausweiten, und zwar durch entweder altbewährte oder neuentwickelte „Spielmodelle für die musiktherapeutische Praxis“.
Einen guten Herbst und Winter wünscht Ihnen die MuG.

Hans-Helmut Decker-Voigt