Heft 25 (2014) ist erschienen!

Musiktherapie bei Trennungskindern

Vater, Mutter, Kind – die Rollenbezeichnungen gibt es noch, das Zusammensein derselben immer weniger: Nur noch jeder Zweite von uns lebt im Familienverbund
(8, 1 Millionen mit einem minderjährigen Kind, eine Million weniger als vor zehn Jahren). Diese Zahl beinhaltet bereits die Familienzweitgründungen (patchwork-families). Kinder aus getrennten Elternbeziehungen sind eine nicht nur zahlenmäßig steigende Klientel in der Kinder- und Jugendlichen- Psychotherapie, sondern längst die Gegenüber von Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten in ihren Praxen. Die musikalische Abbildung in improvisierter Musik von den oft traumatischen Erfahrungen mit der aufgelösten triadischen Beziehung zu den Eltern und damit verbundene Bearbeitungsmöglichkeiten sind Schwerpunktthema im nächsten Heft.

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Seien Sie willkommen in dieser MuG-Ausgabe! Unser Schwerpunktthema umgibt uns täglich: Trennungskinder, Scheidungswaisen. Thomas Stegemann und Georg Romer, beides Hochschullehrer mit breitem Praxisprojektbezug, titeln nicht nur, sondern zeigen „Chancen und Risiken“ für das Scheidungskind. Mit dem Kind „L.“ als lebendigem (Fall-)Beispiel begleiten sie uns Lesende zu Überlegungen, Informationen, Zahlen zu Ursachen/Verlauf und besonders zu den Phasen eines Scheidungsprozesses – bis hin zu dem Kernmoment, in dem die L.’s, die Kinder dieser Welt, endgültig von der vollzogenen oder bevorstehenden Scheidung erfahren. Dieses Kernmoment als dem „psychologischen Scheidungszeitpunkt“ löst all die Empfindungs- und Erfahrungsfolgen für das Kind aus. Und für seine Therapeuten.
Die von den Vorautoren bereits zitierte Fachfrau für dieses unsere gesamte Gesellschaft betreffende und (um)formende Leidensgebiet, Nicola Nawe, die über dieses Thema mit Auszeichnung promoviert hatte, umfasst mit dem Titel ihres Beitrags diese ganze Welt des Schwerpunktthemas: „Zwischen Vater- und Mutterland“. Sie vertieft mit dem Beispiel ihrer Kindergruppenmusiktherapie als Kurzzeittherapie unseren Blick in diese kindlichen Erfahrungswelten, die es in Teilen zu dem machen, was eine Waise ausmacht und wie diese Erfahrung gewürdigt werden kann und wird. „Wer ist der Held“ beschreibt den 13jährigen Jimmy, der seinen Vater nie kennenlernte.
Wir haben einen dritten Beitrag zum Thema Trennungskinder erbeten, bei dem die Semantik „Trennung“ scheinbar nur vom Wort her gilt – Martina Nunold arbeitet derzeit schwerpunktmäßig am Thema „Kaiserschnitt-Kinder“ – für ihre Mütter und manchmal auch Väter. Auch wenn es keine „Ätiologie“ bei einer Geburt durch künstliche Trennung gibt, auch wenn die „caesarische“ Trennung von Mutter und Kind eine Krisenintervention ist, auch wenn die Indikation für Kaiserschnitte eine gynäkologische ist und keine Elternentscheidung (wie bei Trennung durch Scheidung) – es gibt sie neben den vielen störungsfreien Folgen beim Kaiserschnitt durchaus, die „Kaiserschnittpersönlichkeiten“. Erfahrungen mit musiktherapeutischer Begleitung vermittelt dieser Beitrag über Trennungskinder anderer Art, als das Wort sonst assoziiert.

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Zum Mitmachen

Musiktherapeutisches im Alltag

Empathisches Surfbrett für Klangwellen – Musiktherapeutischer Flow

Von Selma Suzan Emiroglu

 

Wenn, wie bei Kindern inmitten eines Scheidungsprozesses, das Leben auseinander zu fallen droht, kann Musik inneren Halt geben. Einerseits bietet ein stimmiger Instrumentallehrer im regelmäßigen Unterricht eine verlässliche Stütze. Andererseits ist tägliches Musizieren in achtsamer, spielerischer Weise eine Insel, auf der das Leben an den Sorgen vorbeifließen kann. Im sogenannten Flow, im präsenten Einssein mit dem Musizieren. Eine solche Musiktankstelle nährt auch in sorgenfreien Zeiten mit Ruhe, Freude und Kontakt zu sich selbst. Die im Folgenden beschriebene Praxis ist inspiriert durch das Konzept Üben im Flow von Andreas Burzik und durch Gedanken zu Empathie von Marshall Rosenberg. Ich lade Sie ein, mit mir auf Klang-, Spür- und Gefühlswellen zu surfen.
Bevor Sie aufs imaginäre Surfbrett steigen, nehmen Sie mit Ihrem Instrument eine stabile und bequeme Haltung ein. Während des Wellenritts gilt es drei Ebenen wahrzunehmen, auf drei Dinge zu achten: Als Erstes nehmen Sie einen angenehmen Körperkontakt zu ihrem Instrument auf, überall dort, wo Sie es berühren. Experimentieren Sie dazu mit unterschiedlichen Körper- und Handhaltungen: Wie möchten sich Ihre Finger auf das Griffbrett stellen, so dass die Kraftübertragung optimiert wird und Sie einen wohligen satten Kontakt spüren? Wie möchten sich Mund und Zähne auf das Mundstück setzen, so dass sie eine satte taktile Verbindung zum In­strument wahrnehmen? … Als zweiten Fokus richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf den Klangraum. Anstatt dabei mit Ihrer Kontrollinstanz die Tonhöhe auf „richtig“/„falsch“ zu beurteilen, entwickeln Sie Ihren Klangsinn. Lauschen Sie mit ästhetisch-sinnlichem Bewusstsein auf das „Wie?“ des Klanges. Lauschen Sie in die Obertöne, auf Klangfarbe und -struktur, während Sie so lange mit Ihrer Spielweise experimentieren, bis Ihnen eine Klangqualität gefällt. Klingt es hier etwas heller, wenn der Finger sich etwas mehr kippt? Hören Sie da etwas Raues, wenn Sie mit mehr Druck blasen? Fliegt hier eine neckische schmetternde Wolke vorbei, wenn der Bogen etwas schräger streicht? … Nachdem Sie sich sinnlich mit dem Klang verbunden haben, etablieren Sie als Drittes ein Gefühl der körperlichen Anstrengungslosigkeit. Achten Sie darauf, dass Ihre Bewegungen unverkrampft und geschmeidig sind. Wie möchten sich Ihre Finger bewegen, so dass es sich fließend und rund anfühlt? Falls sich Ihr Arm subtil verspannt, senken Sie Spieltempo und technische Anforderungen so, dass er schwingend mit der Musik tanzt. Während Sie so ein angenehmes Körpergefühl genießen, lernen Sie auf diese Weise auch optimal – in Ihrem persönlichen Anforderungsniveau zwischen Langeweile und Überforderung. … Und nun geht’s los ans Improvisieren: Surfen Sie auf Klang-, Spür- und Gefühlswellen und spielen Sie mit der Musik wie ein Kind in der Sandkiste. Bauen Sie Tonburgen und Klangstraßen. Währenddessen wechseln Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit immer wieder zwischen den drei Ebenen – bewahren Sie einen satten Körperkontakt, eine sinnliche Klangwahrnehmung und ein anstrengungslos-fließendes Körpergefühl. Statt „falsche“ Töne zu verbessern, werden Sie sinnlich präsent sein und „Es“ wird Klang- und Gefühlslöcher füllen, bis Sie das Kunstwerk als stimmig wahrnehmen. Immer wenn Sie durch Gedanken oder Missmut aus dem Flow kommen, steigen Sie einfach wieder aufs Surfbrett, nehmen Kontakt zu Instrument, Klang und Gefühl auf und reiten weiter. Die Musik, die in Ihnen schlummerte, wird sich so ihren Weg bahnen. Ihre momentanen Emotionen verschmelzen hörbar mit Ihren persönlichen Klangidealen. Turbulentes Innenleben findet einen Kanal in die Außenwelt, wird erträglich und transformiert in kunstvolle Lebendigkeit. …
Dieses Flow-Prinzip lässt sich im Alltag auch auf andere Tätigkeiten übertragen. Spüren Sie beim Joggen, Tanzen oder Malen bewusst den Körperkontakt, etablieren Sie einen ästhetischen Kontakt zu relevanten Sinnen, genießen Sie ein Gefühl der Anstrengungslosigkeit und kreieren Sie spielerisch. Ein weiteres Alltagsbeispiel ist das empathische Zuhören, dem sich Musiktherapeuten ja manchmal widmen – oder auch In­strumentallehrer. Auch dabei lässt sich das präsente Surfen praktizieren. Damit schonen Sie Ihre Ressourcen bei größtmöglicher Effektivität, beglücken sich selbst und das Gegenüber. Sorgen Sie dazu als Zuhörer durch einen satten, bequemen Sitzkontakt für sich selbst, für eine gute Erdung und körperliche Entspanntheit. … Als zweiten Fokus etablieren Sie wie beim Musizieren einen Klangsinn zur Stimme sowie einen Sehsinn zu Körper und Mimik des Gegenübers. … Drittens können Sie wie oben beschrieben auf anstrengungslose Körperbewegungen von Kiefer und Stimmapparat achten. Da es sich beim empathischen Zuhören im Vergleich mit dem Musizieren mehr um geistige Arbeit handelt, kann eine andere Möglichkeit sinnvoller sein: Erzeugen Sie durch Vorstellungskraft eine anstrengungslose Stimmung oder einen ruhigen Geisteszustand. Denken Sie dazu „anstrengungslos“ oder imaginieren Sie ein bläuliches Licht um sich selbst oder versetzen Sie sich mental in den Wald. Experimentieren Sie, welche Variante für Sie stimmig, unmittelbar und effektiv ist. … Schließlich fragen Sie sich innerlich „Was fühlt und was braucht mein Gegenüber gerade?“. Nehmen Sie nonverbal wahr, spielen Sie innerlich mit kreativen Lauten oder konkretisieren Sie in Begriffen: Hier kommt eine Woge Wut, die in Frustration schwappt, ein Bedürfnis nach Gemeinschaft schäumt auf. Eine Welle der Verzweiflung bäumt sich auf, sie verebbt nach und nach in Traurigkeit, macht eine Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit sichtbar, die in Freude fließt. … Empathische Verbindung ist nach Marshall Rosenberg ein Verständnis des Herzens, in welchem wir die Schönheit und göttliche Energie in der anderen Person sehen. Wenn Sie sich der Emotionen als Lebensenergie bewusst sind und mitverfolgen, wie dieses Leben in jedem Moment im Gegenüber lebendig ist, wird „Es“ die Löcher in Gefühl, Stimmklang und mentalem Verstehen füllen. Antworten finden sich von selbst und Stimmigkeit wird wahrnehmbar. Viel Freude beim Wellenreiten!

 

Die Autorin

Selma Suzan Emiroglu
Geb. 1976. Musiktherapeutin, Physikerin mit Promotion im Bereich Psychoakustik, Folkmusikerin. Derzeit tätig in präventiver musiktherapeutischer Arbeit, u. a. mit einem Seminarangebot zum Pausen-, Arbeits- und Selbstmanagement als Burnout-Prophylaxe.
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Literatur

  • Csikszentmihalyi, Mihály (2010): Das flow-Erlebnis. Jenseits von Angst und Langeweile: im Tun aufgehen. 10. Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta.
  • Rosenberg, Marshall B. (2009): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Paderborn: Junfermann.
  • Marshall Rosenberg über Empathie: www.noogenesis.com/nvc/surf_nvc.html
  • Andreas Burzik: www.ueben-im-flow.de

Schwerpunktthema II

Wenn Eltern sich trennen – Chancen und Risiken für die Kinder

Von Thomas Stegemann und Georg Romer

 

Fallvignette
Schon bevor L. geboren wurde, war die Beziehung seiner Eltern sehr brüchig und nach der Geburt ihres ersten Kindes stritten sich der 19-jährige Vater und die noch minderjährige Mutter ständig. Wegen der Beziehung zu einer anderen Frau – Hauptgrund der Streitigkeiten – verließ der Vater schließlich die junge Familie. Die Mutter, plötzlich auf sich allein gestellt, brachte L. bei ihrer Mutter unter, die vorerst zu seiner Hauptbezugsperson werden sollte. Auch der Bruder seines Vaters kümmerte sich um L., was jedoch dazu führte, dass L. zwischen dem Haushalt seiner Großmutter und dem seines Onkels hin und her gereicht wurde. Zum Vater bestand kaum Kontakt; auch die Mutter, die mutmaßlich als Prostituierte „anschaffen ging“, war die meiste Zeit nicht für L. präsent. Obwohl sich die Eltern, als L. 2 Jahre alt war, wieder versöhnten und auch ein zweites Kind bekamen, blieb L. zunächst bei seiner Großmutter wohnen. Erst als sich die Eltern erneut trennten – L. war inzwischen 5 Jahre alt – und die Mutter ernsthaft erkrankte, kehrte L. zu ihr und seiner Schwester zurück. Ohne die Fürsorge und die Struktur, die ihm seine Großmutter hatte bieten können, und unter den negativen Einflüssen der neuen sozialen Umgebung entwickelte L. eine Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten. Als L. im Alter von 12 Jahren zu Silvester mit einer Handfeuerwaffe, die er einem seiner „Stiefväter“ entwendet hatte, auf der Straße in die Luft schoss, wurde er durch die Polizei der Jugendhilfe zugeführt. L. wurde daraufhin im Rahmen eines neuen sozialen Projektes fremduntergebracht. Musik spielte in der Institution eine große Rolle und so bekam L., der unbedingt in der hauseigenen Band mitspielen wollte, seinen ersten Trompetenunterricht. Dieses Ereignis veränderte sein ganzes Leben und sollte der Beginn einer unvergleichlichen Karriere sein: 20 Jahre später schrieb der mittlerweile berühmt gewordene L. an den Direktor des Heimes: „Ich werde nie die Menschen vergessen, die alles für mich getan haben. Obwohl ich aus dem Waif’s Home fort bin, habe ich das Gefühl, ganz in der Nähe zu sein. Ich habe nie anders empfunden… Bin immer stolz, der Welt von dort zu erzählen, wo mein Weg als erstklassiger Musiker begann.“ (Bergreen, 2000, S. 102).
Unterschrieben war der Brief mit „Louis Armstrong“.

Sicherlich ist die Geschichte des kleinen Louis Armstrongs nicht die des „typischen“ Trennungskindes, aber sie zeigt eindrücklich, wie der Lebensweg eines Menschen trotz (oder vielleicht auch wegen) der Trennung der Eltern, bzw. seiner Trennung vom Vater und zeitweise von beiden Elternteilen, eine positive Entwicklung nehmen kann. Dieser Artikel fokussiert daher – neben den bekannten ungünstigen Auswirkungen von Trennung und Scheidung auf die betroffenen Kinder – insbesondere auf die Chancen und positiven Aspekte, die sich für die (neue) Familie und die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder und Jugendlichen ergeben können.

Statistisches
Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 179.147 Ehen geschieden (statista.com). Damit liegt die Scheidungsquote, die seit 2005 leicht rückläufig ist, aktuell bei 46,23 %, d. h., fast jede zweite Ehe wird geschieden (im Vergleich: die Scheidungsquote 1960 lag bei 10,66 %). In der Hälfte der Scheidungsfälle sind Kinder betroffen; im Jahr 2012 ca. 143.000 minderjährige Kinder (destatis.de). Nach den im Rahmen des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) erhobenen repräsentativen Daten lebten 85,9 % der befragten Kinder und Jugendlichen in einer vollständigen Familie (Erhart et al., 2007). Aktuelleren Zahlen zufolge ist die Anzahl der Alleinerziehenden von 1996 bis 2010 von 1,3 auf 1,6 Mio. angestiegen, während die Gesamtzahl der Familien mit minderjährigen Kindern in der gleichen Zeitspanne von 9,4 auf 8,2 Mio. gesunken ist (Statistisches Bundesamt, zitiert nach Monitor Familienforschung, 2012). Das bedeutet, dass knapp 20 % der Familien mit minderjährigen Kindern von Alleinerziehenden geführt werden, in neun von zehn Fällen von der Mutter. Nach wie vor stellt die Ein-Eltern-Familienkonstellation ein Armutsrisiko dar: Vollständige Familien weisen in 23,6 % einen niedrigen sozioökonomischen Status auf, während es bei den unvollständigen mit 51,2 % über die Hälfte sind (Erhart et al.,2007).

Trennung/Scheidung:
Ursachen und Verlauf
Die Auflösung einer Paarbeziehung ist in den seltensten Fällen ein „spontaner“ Entschluss, sondern in der Regel die Konsequenz eines länger andauernden Prozesses von Entfremdung und Distanzierung der Partner. Durchschnittlich erfolgte 2012 eine Scheidung nach 14 Jahren und 7 Monaten Ehedauer (destatis.de). Zartler und Werneck (2004) betonen den Funktions- und Bedeutungswandel von Ehe bzw. Partnerschaften, der sich im vergangenen Jahrhundert vollzogen hat: Die „Wirtschafts- und Arbeitsgemeinschaft“ ist zugunsten einer „Partnerbeziehung (…), welche die Erfüllung persönlicher Glückserwartung verspricht“ (S. 59) in den Hintergrund getreten. Verbunden damit haben sich auch die gegenseitigen Erwartungen der Partner deutlich verändert (dies gilt beispielsweise für die Aufgabenverteilung im gemeinsamen Haushalt). Die fehlende Kongruenz dieser Erwartungen und Ansprüche – insbesondere bei mangelnden Kommunikations- und Konfliktlösekompetenzen – kann als wesentlicher Faktor für einen negativen Beziehungsverlauf angesehen werden.

Kraul et al. (2008) unterscheiden drei Phasen der Scheidung:
1.    Ambivalenzphase: Unsicherheit und Unentschlossenheit
2.    Scheidungsphase: Verstärkung der aggressiven Konflikte
3.    Nachscheidungsphase: von der juristischen zur psychischen Scheidung

Aus Sicht der Kinder hängt die gelingende Verarbeitung der Scheidung in erster Linie vom „Konfliktniveau der Eltern, der sozialen Unterstützung durch geeignete AnsprechpartnerInnen (v. a. Geschwister und Großeltern) und ihrem Informationsstand über die elterliche Trennung“ ab (Zartler & Werneck, 2004, S. 105). Weil Zeitpunkt und Art der Information der Kinder von großer Relevanz sind, schlägt Figdor (2012) vor, „die Information der Kinder von der stattgefundenen oder bevorstehenden Scheidung, also die Mitteilung über die unwiderrufliche Trennung der Eltern, als ‚psychologischen Scheidungszeitpunkt‘ zu definieren“ (S. 28f.).
Dieser „psychologische Scheidungszeitpunkt“ stellt für Kinder einen radikalen Einschnitt in ihr Leben und in ihr Lebenskonzept dar. Sie erleben – häufig zum ersten Mal – den „Verlust“ eines nahestehenden Menschen (denn der scheidende Elternteil verlässt nicht nur den Partner, sondern auch die Kinder) und sie müssen registrieren, dass „Liebe“ endlich sein kann: Beides löst Angst aus. „Diese Angst, die viele Kinder auch ganz bewußt erleben, leitet sich in erster Linie von der – schockierenden – Erfahrung über die Vergänglichkeit der Liebe her. ‚Mama und Papa verstehen sich nicht, haben viel gestritten und lieben sich nicht mehr wie früher…‘ – so oder ähnlich erklären die meisten Eltern ihren Kindern den Grund für die Scheidung. Nichts liegt näher, als daß sich das Kind sagt: ‚Wenn die Mama den Papa nicht mehr liebhat und ihn verläßt/wegschickt, wer weiß, ob sie mich morgen, übermorgen vielleicht ebenso nicht mehr mag und auch von mir fortgeht oder mich wegschickt?‘“ (Figdor, 2012, S. 38). Neben der Angst sind es vor allem auch Schuldgefühle, die die betroffenen Kinder quälen. „Die Entwicklung von Gefühlen, an der Scheidung der Eltern schuld zu sein, ist in der Tat eher die Regel als die Ausnahme (…)“ (Figdor, 2012, S. 37). Zu den weiteren typischen Reaktionen/Symptomen von Kindern während der Scheidung gehören: Trauer, Wut/Aggressionen, Verleugnung/Affektisolierung, regressive Tendenzen, Antriebslosigkeit, Schulprobleme, Pseudo-Autonomie („Notreifung“). Generell lässt sich sagen, dass im ersten Jahr nach der „psychologischen Trennung“ praktisch alle der oben aufgeführten „Symptome“ auftreten können, ohne dass es eine Aussagekraft für die weitere Entwicklung hätte. Bedenklich ist es eher, wenn keine Reaktionen/Symptome zu beobachten sind. Aus „Rücksicht“ auf die belasteten Eltern (oder einen Elternteil) bzw. aus der bewussten oder unbewussten Angst heraus, auch verlassen zu werden, verhalten sich nicht wenige Kinder besonders angepasst und „kompetent“, um Konflikte in der Familie zu vermeiden. In der Hoffnung, ihre Eltern wieder zusammenbringen zu können, betätigen sich viele Kinder auch als „Mediatoren“ oder „Streitschlichter“, wodurch die Gefahr für die Kinder, in eine Loyalitätsfalle zu geraten, besonders hoch ist. Mit den Worten Figdors besteht die „wichtigste und zugleich schwierigste Aufgabe, die sich Eltern in dieser schwierigen Zeit nach der Scheidung (bzw. Scheidungsinformation) stellt, (…) darin, die Schuld am Leid der Kinder mit gutem Gewissen auf sich zu nehmen“ (2012, S. 50).

Die Perspektiven der Kinder
Die US-amerikanische Psychologin E. Mavis Hetherington hat die Ergebnisse aus drei Langzeitstudien zu Scheidungsfolgen, in welche die Befragungen von über 2.500 Kindern und annähernd 1.400 Familien eingingen, in einem viel beachteten Buch zusammengefasst (Hetherington & Kelly, 2003). Auf der Grundlage von Verläufen, die z. T. bis zu 30 Jahre umfassen, räumt Hetherington mit einigen gängigen Mythen auf: Dazu gehört beispielsweise die Annahme, dass „Kinder immer die Leidtragenden einer Scheidung“ sind. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass in den ersten zwei Trennungsjahren die meisten Kinder emotionale, soziale und Verhaltensstörungen aufweisen. Zwei Jahre nach der Trennung kommen die meisten Jungen und Mädchen jedoch wieder ganz gut zurecht (S. 169). Auch wenn sechs Jahre nach der Trennung die Rate der Auffälligkeiten bei Kindern aus geschiedenen bzw. wiederverheirateten Familien doppelt so hoch ist wie bei Kindern aus vollständigen Familien, zeigen sich bei der Mehrzahl der Betroffenen keine negativen Auswirkungen mehr. Im Gegenteil: „Die Herausforderungen, die mit einer Scheidung und dem Leben mit nur einem Elternteil einhergehen, scheinen tatsächlich bei manchen Kindern die Fähigkeit zu stärken, zukünftige Belastungen besser zu bestehen“ (Hetherington & Kelly, 2003, S. 215).
Hetherington (Hetherington & Kelly, 2003) zieht aus ihrer Forschungstätigkeit folgende Schlussfolgerungen:

Lektion 1: Verschiedenheit
„Misstrauen Sie Durchschnittswerten.“ Hetherington betont in ihrem Fazit zu den Langzeitstudien, dass das Auffallende in ihren Untersuchungen nicht die „Vorhersehbarkeit oder Unvermeidlichkeit“ bestimmter Entwicklungen war, sondern vielmehr die große Heterogenität und Individualität von Beziehungsverläufen.

Lektion 2: Geschlechtsspezifische Unterschiede
Bei allen Ähnlichkeiten, die Männer und Frauen aufweisen, gilt es wichtige geschlechtsspezifische Unterschiede zu berücksichtigen, z. B. in der Art der Kommunikation, der Nähe-Distanz-Regulation oder der Art, mit Konflikten umzugehen. Bezogen auf die Kinder bedeutet dies beispielsweise, dass die Studien gezeigt haben, dass vorpubertäre Jungen mehr Schwierigkeiten im Zusammenleben mit einer alleinerziehenden Mutter haben; vorpubertäre Mädchen haben mehr Schwierigkeiten, sich mit einer Stieffamilie zu arrangieren (S. 216).

Lektion 3: Veränderung und Formbarkeit
„Eheliche Veränderungen bieten eine große Chance für persönliches Wachstum und Neuorientierung“ (S. 366). Hetherington spricht vom „Fenster der Veränderung“, das sich während der Krisenzeiten auftut und das „zum Guten oder zum Schlechten“ genutzt werden kann.

Lektion 4: Aktive Teilnahme
„Menschen sind keine passiven Spielbälle des Schicksals“. Hetherington findet in ihren Untersuchungen bestätigt, dass diejenigen, die in der Lage sind, aktiv auf die durch die Trennung veränderte Situation zu reagieren, eher zu den „Gewinnern“ der Scheidung gehören. „Diejenigen, die in Hilflosigkeit, Selbstmitleid und Inaktivität verharren, bleiben zurück“ (S. 367).

Lektion 5: Gegenwärtige Vergangenheit
„Viele Schwierigkeiten, die der Scheidung angelastet werden – bei Eltern z. B. Depressionen, antiso­ziales Verhalten, Mangel an persönlichen Beziehungen, die Unfähigkeit, Probleme zu lösen; bei Kindern mangelhafte Erziehung, emotionale und Verhaltensprobleme – sind in schlecht funktionierenden Familien häufig schon lange vor der Scheidung sichtbar“ (S. 367). Entscheidend ist also für den Verlauf nach einer Trennung, welche Ressourcen zur Verfügung stehen und ob die neue Familiensituation – mittelfristig – von weniger Stress und Belastungsfaktoren gekennzeichnet ist als vor der Trennung.

Lektion 6: Risiko- und Schutzfaktoren
„Scheidung und Zweitehe sind in der Regel stark belastende Übergangssituationen. Wie gut Erwachsene und Kinder diese Veränderungen meistern, hängt mit dem Gleichgewicht von Risiko- und Schutzfaktoren zusammen“ (S. 367f.).

Lektion 7: Biologie und Verhalten
„(…) die genetische Disposition beeinflusst in gewissem Umfang die Art, wie andere Menschen auf uns reagieren, die Stresssituationen, in die wir geraten, und die Unterstützung, die uns zugänglich ist, die Qualität unserer Intimbeziehungen und die Wahrscheinlichkeit, ob unsere Beziehung stabil und erfüllend oder kurzlebig, turbulent und unglücklich verläuft“ (S. 369). Obwohl es kein „Scheidungsgen“ gibt, spielen bestimmte Persönlichkeitsmerkmale (siehe Tab. 1 + 2) eine wichtige Rolle bei dem Aufbau und der Aufrechterhaltung von Beziehungen und erhöhen bzw. reduzieren die Wahrscheinlichkeit des Gelingens.
Lektion 8: Intimbeziehungen
„Enge, unterstützende Vertrauensbeziehungen – ob zwischen Eheleuten, Liebespaaren, Eltern und Kindern, Geschwistern oder zu Menschen außerhalb der Familie – spielen die wichtigste Rolle, um Menschen gegen stressbelastende Ereignisse zu schützen“ (S. 369). Diese Erkenntnis zeigt sich auch in der oben angeführten Fallvignette von Louis Armstrong, der von den positiven Beziehungserfahrungen zu seiner Großmutter und später zu seinem Trompetenlehrer profitieren konnte.

Lektion 9: Widerstandskraft
Die „Lehren“ zur Bedeutung der Widerstandskraft (heute würde man von „Resilienz“ sprechen) sind nach Hetherington die wichtigsten, die die Forscher aus den Scheidungsstudien ziehen konnten: „Scheidung und Wiederverheiratung werden anfangs sowohl von Kindern wie von Erwachsenen als seelisch überaus anstrengende Lebensveränderungen erlebt. Im Rückblick beschreiben viele Eltern und erwachsen gewordene Kinder die Scheidung als das schmerzvollste Ereignis ihres Lebens, doch sie sagen auch, dass sie sich in ihre neue Situation einfinden konnten und gegenwärtig ein vergleichweise erfülltes Leben führen. Etwa 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen und Kinder zeigen nur wenige ernste nachhaltige Probleme bei dem Anpassungsprozess nach der Scheidung und ‚funktionieren‘ innerhalb der normalen Bandbreite. Viele, die anhaltende Probleme nach einer Scheidung hatten, zeigten diese auch bereits davor. Und eine beträchtliche Anzahl von geschiedenen Frauen und einige Töchter gingen tatsächlich gestärkt aus der Scheidung hervor, sie entwickelten neue Kompetenzen, um mit den drängenden Herausforderungen im Gefolge der Scheidung und des Lebens als allein Erziehende fertig zu werden“ (S. 370).

Zusammenfassung und Fazit
Die eingangs skizzierte Biografie des weltberühmten Jazzmusikers Louis Armstrong wurde als Beispiel dafür gewählt, wie trotz widrigster Umstände eine belastete Kindheitsbiografie von Kreativität, Selbstwirksamkeit und Erfolg geprägt werden kann, wenn protektive Ressourcen verfügbar sind. Dies ist nichts Neues. Dennoch sollten wir uns als professionelle TherapeutInnen immer wieder auf’s Neue darin schulen und üben, biografische Risikobelastungen wie die Trennung und Scheidung der Eltern während der Kindheit nicht zu deterministisch zu verstehen oder gar als spezifisch in ihren Auswirkungen auf eine gesunde seelische Entwicklung anzusehen. Die ausführlich dargestellten Befunde der weltweit bislang umfangreichsten Langzeitfolgeuntersuchung von Scheidungsfamilien von Hetherington und KollegInnen in den USA illustrieren anhand naturalistischer Verlaufsdaten bei einer nicht durch therapeutische Inanspruchnahme selektierten Zielpopulation, wie heterogen die Verlaufsmuster im realen Leben sind. Insbesondere wird deutlich, dass Trennung und Scheidung als kritisches Lebensereignis in familiären und Kindheitsbiografien in seiner Auswirkung nicht isoliert zu verstehen ist, sondern als eine Phase eines familiären Umbruchs anzusehen ist, in dessen weiteren Verlauf es nur bei einem Teil der Betroffenen bei der Nachscheidungs-Familienstruktur mit getrennten Eltern ohne neue Partner bleibt. Bei einem Großteil der Betroffenen kommt es zur Wiederverheiratung eines oder beider Elternteile mit der Folge, dass die Entwicklung weiter geht hin zur Stief- oder Zweitfamilie. Diese Entwicklung birgt neben allen Fallstricken, denen sogenannte Patchwork-Familien ausgesetzt sind, auch viele Chancen der Heilung der erlittenen Verletzungen bei den geschiedenen Elternteilen sowie bei den betroffenen Kindern, die ihre Elternbeziehungen flexibel auf mehrere Erwachsene verteilen dürfen und müssen. Zweitfamilien sind in ihrem Selbsterleben bei weitem nicht nur „Scheidungsfamilien“, sondern eben neue Familien im zweiten Anlauf, die aus den schmerzlichen Erfahrungen des Einbruchs eines ursprünglichen familiären Lebensentwurfes ihre Lehren ziehen konnten. Im günstigen Fall geht dies mit mehr Achtsamkeit und einer flexibler gelebten Familienideologie einher, was beides die kreativen Entwicklungsräume der Kinder in diesen Familien begünstigen kann. Lang anhaltende und virulent bleibende Stressbelastungen von Kindern aus Scheidungsfamilien können in diesem Sinne weniger als lang andauernde Nachwirkungen eines „Traumas“ der Vergangenheit verstanden werden, sondern sollten unter dem Blickwinkel des Nicht-Gelingens neuer Lebens- und Familienentwürfe auf Seiten der betroffenen Eltern verstanden werden, was mitunter für Therapeuten, die diese Familien begleiten, lebensaktuellere Ansatzpunkte für eine hilfreiche Überwindung dieser Belastungen eröffnet.

 

Die Autoren

Thomas Stegemann
Professor für Musiktherapie (Diplom-Musiktherapeut), Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Psychoanalytischer Paar- und Familientherapeut (BvPPF).

Universität für Musik
und darstellende Kunst Wien
Abteilung für Musiktherapie
Rennweg 8
1030 Wien
Österreich
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Georg Romer
Lehrstuhlinhaber und Klinikdirektor, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Ausbilder in Psychoanalytischer Paar- und Familientherapie am Institut Göttingen-Heidelberg-Hamburg (BvPPF).

Universitätsklinikum Münster
Klinik für Kinder- und Jugend­psychiatrie, -psychosomatik
und -psychotherapie
Schmeddingstr. 50
48149 Münster
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Literatur

  • igdor, H. (2012): Kinder aus geschiedenen Ehen: Zwischen Trauma und Hoffnung. Wie Kinder und Eltern die Trennung erleben. Gießen: Psychosozial-Verlag.
  • Hetherington, E. M. & Kelly, J. (2003): Scheidung. Die Perspektiven der Kinder. Weinheim: Beltz.
  • Kraul, A., Ratzke, G., Reich, G. & Cierpka, M. (2008). Familiäre Lebenswelten. In M. Cierpka (Hrsg.), Handbuch der Familiendiagnostik (S. 199–221). Heidelberg: Springer.
  • Nawe, N. (2009): „Wer spielt den dritten Ton?“ Triangulierungsprozesse und triadische Dimensionen in der Musiktherapie mit Trennungskindern. Dissertation. Hamburg.
  • Zartler, U. & Werneck, H. (2004): Die Auflösung der Paarbeziehung: Wege in die Scheidung. In U. Zartler, L. Wilk & R. Kränzl-Nagl (Hrsg.), Wenn Eltern sich trennen (S. 57–105). Frankfurt: Campus.


Die ausführliche Literaturliste kann bei den Autoren erfragt werden.

Schwerpunktthema

Zwischen Vater- und Mutterland

Von Nicola Nawe

 

„Mama und Papa gehen auseinander, das kann ich nicht verstehen!“ (Gray, 2009). So heißt es in dem Kinderbuch „Der Elternkleber“, aus dem die Musiktherapeutin heute in der dritten Gruppensitzung vorliest. Anna, Balduin, Chris, Denny und Emma (7–9 Jahre alt) schauen hochkonzentriert auf die Buchseite. Hier sitzt ein Junge im Wohnzimmer. Alle Möbel sind durch einen blitzförmigen Riss zerteilt, der sich auch durch das Kind selbst zieht. Schon überschlagen sich die Erzählungen der Kinder in der Musiktherapiegruppe. Alle wollen berichten, wie es damals war, als sich ihre Eltern trennten. Der Junge in dem Buch wünscht sich, dass die Eltern zusammenbleiben und er beschließt, sie einfach wieder zusammenzukleben. Nach und nach kann er begreifen, dass dies nicht gelingen wird. Den nachvollziehbaren Wunsch nach Wiedervereinigung der Eltern teilen auch die Gruppenteilnehmer und sie werden noch einige Zeit brauchen, um die Realität zu akzeptieren. Diese Gruppe ist noch am Anfang ihres Weges. Es handelt sich um eine geschlossene Musiktherapiegruppe im Kurzzeitsetting mit 25 Sitzungen (vgl. Nawe 2010, 143ff). Die Musiktherapeutin will heute zunächst Folgendes anbieten: „Deine Trauer, deine Bestürzung und auch deine Wut haben in dieser Gruppe ihren Platz, sollen aufgefangen werden und können sich vielleicht mit der Zeit auch wandeln. Die Musik wird uns dabei helfen und du kannst dazu beitragen!“ Nach dem Anschauen des Buches beginnen die Musiktherapeutin und die Kinder, den Riss buchstäblich „aufzubauen“ und ihn durch Klang zum Sprechen zu bringen. Es entsteht eine lange Instrumentenreihe durch den Raum. Hier sitzen und explorieren die Kinder, wie diese Trennlinie in der Mitte klingt. Sie wird nun zu einem Raum, den die Kinder gestalten können. Ihre Gefühle in Bezug auf den Bruch bekommen einen symbolischen Ausdruck, werden hörbar und können mit anderen im gemeinsamen Klangereignis geteilt werden. Von dieser Instrumentenlinie in der Mitte beobachten sie auch die beiden Seiten rechts und links. Denny hat die Idee: „Rechts ist das Mama-Land und links das Papa-Land“. Auch diese Länder erhalten Klang und Gestalt. Die Kinder können sich zwischen den Ländern frei bewegen, hin und her gehen, mal verweilen, dann wieder schnell aufbrechen. Das entspricht äußerlich ihrer Lebenssituation mit zwei Lebensmittelpunkten bei ihren getrennt lebenden Eltern. Im neutralen Musiktherapiesetting wird es möglich, das „Dazwischen“ weitgehend ohne Loyalitätskonflikte auszuprobieren und einen anderen, inneren Raum dabei zu entdecken. Bei dieser szenisch-musikalischen Erarbeitung geht es symbolisch darum, die Verbindungen zu Vater und Mutter in sich weiterzutragen und zu einer eigenen Identität zu verbinden – auch wenn es auf der äußeren Ebene zu einer Unterbrechung in dieser Elternbeziehung kam. Dies ist für alle Trennungskinder ein sehr wichtiger, oft langjähriger Prozess.
Die fünf Kinder der Gruppe gestalten die Instrumentenreihe und die Eltern-Länder sehr lebhaft und energisch. Unter dieser hohen Aktivität liegt auch etwas anderes versteckt, das im Moment vielleicht noch zu weh tut: die Frage nach dem Grund für die Trennung ihrer Eltern. Schon im ersten Satz des „Elternklebers“ heißt es: „Ich kann es nicht verstehen“. Sehr viele Trennungskinder erleben die Trennung als etwas Unverständliches. Einige erhalten einfühlsame und kindgemäße Erklärungen von ihren Eltern und können sie dennoch nicht recht glauben. Sie suchen weiter nach Gründen und kommen oft zu dem Schluss, dass sie selbst mit schuld sind am Auseinandergehen der Familie (vgl. Figdor 2012, 36). Die 9-jährige Emma formuliert das in einem späteren Therapieabschnitt so: „Wenn die Eltern ein Baby bekommen und sich danach immer streiten, dann ist doch das Baby schuld, oder?“ Dafür erhält sie zunächst viel Zustimmung aus der Gruppe, denn Anna, Balduin, Chris, Denny und Emma sind Kinder, die mit sehr starken Schuldgefühlen beschäftigt sind. Diese Schuldgefühle erschweren es, die Trennung zu integrieren und die notwendige Trauer zuzulassen. Hierbei brauchen sie therapeutische Unterstützung. Emma und andere Kinder ihres Alters sind auch noch nicht ausreichend in der Lage, die Dinge aus der Distanz zu betrachten. Immer noch sehen sie sich im Zentrum des Geschehens und somit auch im Zentrum der Trennung. Denny will sogar wissen: „Wenn ich besser geschlichtet hätte, wären sie dann noch zusammen?“ In den speziellen Trennungsgruppen muss die Musiktherapeutin als neutrale Person immer wieder betonen: „Nein, das kann und muss ein Kind nicht leisten.“ Viel wichtiger und tiefgreifender als diese sprachlichen Markierungen sind jedoch die musikalischen Möglichkeiten, mit denen die Kinder wieder einen konstruktiven Zugang zum eigenen Handeln finden können. Ein Vorschlag der Therapeutin lautet z. B.: „Lasst uns eine musikalische Spielregel erfinden, die für die ganze Gruppe gilt!“ Die Kinder entwerfen nun eine Reihenfolge: Wer fängt an, welche Instrumente werden miteinander kombiniert, wie wird die Schlusswirkung gemeinsamen erzeugt? Dann probieren alle die erfundene Gruppenspielregel aus. Verbesserungsvorschläge kommen von Denny und Emma, dann wird erneut gemeinsam gespielt. In diesem Prozess entfaltet sich für alle eine zu den Schuldgefühlen alternative Erfahrung. Sie lautet: „Mein Beitrag, mein Handeln führt in dieser Gruppe zu einem wachsenden, konstruktiven Miteinander. Ich kann Einfluss nehmen, ohne zerstörerisch zu sein – so wie ich es ‚vermeintlich‘ in Bezug auf meine Familie war.“ Diese modulierte Erfahrung der eigenen Urheberschaft unterstützt die Kinder, ihr eigenes Handeln wieder als stärkend zu entdecken. Sie können die Erfahrung verankern, dass sie zum Gelingen einer Gruppe beitragen können. Das ist eine immens wichtige Neuerfahrung in Bezug auf spätere eigene Gruppen- und Familienbeziehungen.

Wir sehen uns vor Gericht!
Szenenwechsel: Ralf, Sanja, Timo, Umut und Victor befinden sich an der Schwelle zur Vorpubertät (10–11 Jahre) und können sich somit bereits besser vorstellen, was eine Trennung bedeutet. In dieser Gruppe „fliegen die Fetzen“. Die Musiktherapeutin macht einen Vorschlag nach dem anderen, von denen keiner angenommen wird. Niemand will über die Trennung sprechen. Niemand will überhaupt irgendetwas sagen. Und Musik ist sowieso blöd. Stattdessen „erzählen“ die Kinder auf eine ganz unmittelbare Weise von ihren Erfahrungen. Sobald ein musikalisches Duo entsteht, entwickelt es sich zu einem „Battle“. Konflikte werden nicht ausgetragen, sondern durch Hinauslaufen abgehakt. Es wüten gegenseitige Drohungen: „Wir sehen uns vor Gericht!“ oder „Ich schicke dir das Jugendamt nach Hause!“ Dann wiederum „kleben“ jeweils zwei Kinder aneinander und wecken den Neid der anderen. Und die innere Resonanz der Therapeutin in diesem Geschehen signalisiert beständig: „Alles tut weh!“ und „Zu gerne würde ich mal auf den Tisch hauen, um dem Ganzen ein Ende zu setzen.“
Die Kinder in dieser Gruppe haben eine Gemeinsamkeit. Sie alle kommen aus sogenannten „hochstrittigen“ Trennungsfamilien, d. h. alle hatten Kontakt mit Familiengericht und Gutachtern im zähen und langwierigen Streit der Eltern um das Sorge- und Umgangsrecht. Nicht selten war die Familiengeschichte von viel Gewalt begleitet. Vor allem aber können die Kinder in dieser Gruppe die Erfahrung nicht machen, dass die Trennung Entlastung bringt. Im Gegenteil, für einige verschlechtert sich die Situation hinterher dramatisch. Die oben beschriebenen Szenen sind Eins-zu-Eins-Abbildungen der Realität dieser Kinder. Ihre konflikthaften Erfahrungen können noch nicht verdaut werden, sondern zeigen sich hautnah im Gruppengeschehen und in der Resonanz der Therapeutin. Darin liegt auch die dringliche Anfrage der Kinder, ob dieses Setting mit dieser neuen Gruppe unzerstört aus den Streitigkeiten hervorgehen kann. Vordergründung wird jedoch von den Kindern zunächst „alles getan“, damit diese Anfrage nicht in Erfüllung geht. Hier ist ein modifiziertes musiktherapeutisches Arbeiten angezeigt, welches auch traumatherapeutische Aspekte integriert. Die Therapeutin ist immer wieder aufgefordert, stellvertretend für die Kinder zu verbalisieren: „Ich sehe, wie schmerzhaft es für euch war. Ich kann es nachfühlen, wie unübersichtlich und verwirrend alles ist. Ihr zeigt mir, wie hilflos und wütend ihr euch dabei fühlt. Und ich verstehe euren Wunsch, jemand möge ein Machtwort sprechen!“ In dieser aufgewühlten Affektlage sind zunächst einfache Regulationsspiele hilfreich, z. B. gemeinsam ein langes Crescendo gestalten und zum leisen Ausgangspunkt zurückkehren. Damit entsteht eine erste Ahnung, dass überwältigende Affekte gesteuert werden können. Eine besondere Situation in den hochstrittigen Trennungsfamilien ist auch diese: Die Kinder geraten mit ihrer eigenen Bedürftigkeit vollständig aus dem Blick, werden stattdessen zum Spielball im Konflikt der Eltern. Bildlich gesprochen entsteht folgende Situation: Die Triade aus Mutter, Vater und Kind zerfällt zur Zweidimensionalität einer Linie, die zwischen den verfeindeten Elternteilen besteht und mitten durch die Kinder hindurch verläuft. Ihnen steht kein eigener „dritter“ Raum zur Verfügung – innerlich wie äußerlich. Verständlich ist, dass in einer solchen Situation das Spielen schwerfällt. Die Kinder fühlen sich in der Gruppe zunächst entlastet, nacheinander in kleinen Solo-Runden zu spielen. Ungestört und ohne Einfluss (besser: Manipulation) von außen. Um jedoch in Beziehung neue Erfahrungen zu machen, braucht es das gemeinsame Spiel. In der vierten Stunde ereignet sich dann eine Wendung aus der Gruppe selbst. Umut, der vorher stets hinausgelaufen war, zieht zufällig eine Zauberer-Handpuppe aus einem Korb: „Das ist mein Beschützer!“ Auch für alle anderen ist schnell ein solcher gefunden. Hier wird sichtbar, wie groß das Bedürfnis nach einer kindlichen Position ist. Nun beginnt ein szenisches Spiel, in dem jeder für sich und mit seinem Beschützer einen musikalischen „sicheren Ort“ aufbaut. Die ser Ort erhält eine eigens entworfene Erkennungsmelodie: „So klingt mein Raum!“ Sehr berührend ist Victors Äußerung: „Mein Ton ist die Stille!“ Doch auch dieser Prozess ist mühsam. Die Grenzen der jeweils eigenen „Musik-Orte“ sind diffus, löchrig, verlaufen über- und ineinander (Abb. 1) oder markieren eher Enge und Eingrenzung. Doch jetzt hat die Gruppe eine Richtung. Die Therapeutin hilft dabei, einen neutralen Raum zwischen den einzelnen Musik-Orten zu errichten und auf die Klarheit des jeweils eigenen Bereiches zu achten. Dies gelingt nach einigen Stunden schon besser (Abb. 2). Auch das ist symbolisches Arbeiten am äußeren und inneren Raum, jedoch auf ganz andere Weise als in der ersten Gruppe. Dieser eigene Musik-Ort unterstützt die Kinder auf der elementaren Ebene ihres Kern-Selbst und der Unversehrtheit ihrer eigenen (Körper-)Grenzen. Als alle in der siebten Stunde wieder in ihrem Musik-Ort sitzen, taucht etwas Neues auf: Es wird erstmals wirklich gespielt! Sanja kocht ein „musikalisches“ Menü und lädt Gäste dazu ein. Ralf beginnt mit einem berührenden Geigensolo, bei dem alle aufhorchen. Timo läuft in den neutralen Raum und beginnt, sich mit der Flöte auf Ralfs Geigenspiel abzustimmen. Es entsteht eine Spielphase, die nicht auf zerstörerischem Kampf, sondern auf Wechselseitigkeit beruht. Victor kommentiert das Neue so: „Ich mag keine klassische Musik!“ Das ist natürlich sein gutes Recht. Er bestätigt damit jedoch geradezu, dass etwas Neues, deutlich Hörbares entstanden ist: Eine musikalische Abstimmung, eine zusammenhängende Form. Etwas Drittes ist aufgetaucht. Dieses zarte Neue wird jetzt auf eine harte Probe gestellt. Es steht die Weihnachtszeit an, die für Kinder aus hochstrittigen Trennungsfamilien häufig sehr belastend ist. Ob die bisherigen Erfahrungen der Gruppe der Realität schon gewachsen sind, wird sich zeigen. Es ist jedoch etwas entstanden, auf das die Gruppe zurückgreifen und an das sie wieder anknüpfen kann, wenn es mal wieder hoch hergehen sollte.

Wo ist der Held?
Ein kurzer Blick in die Einzeltherapie mit dem dreizehnjährigen Jimmy, der seinen Vater nie kennengelernt hat. Als kleines und größer werdendes Kind konnte Jimmy nicht zwischen Mama und Papa hin- und herlaufen, wenn er mal wütend auf die eine oder enttäuscht über den anderen war. Für ihn gab es keinen Zwischenraum, von dem aus er z. B. erkennen konnte, dass Mama manchmal „ziemlich doof“, aber insgesamt eigentlich doch ganz in Ordnung ist (vgl. Dammasch 2004). Er hat sich ein sehr idealisiertes Bild von einem Vater-Helden erschaffen, das nie bedroht wurde durch tägliche Reibereien oder auch größere Konflikte. Mit diesem Vaterbild hat Jimmy sich bislang identifiziert und beschreibt auch sich selbst als grandios, allmächtig und einzigartig. Im Gegenzug dazu konzentriert sich alles Schlechte der Welt auf seine Mutter, „die strengste Mutter der Welt“. Jetzt, am Beginn der Pubertät, kommt er mit dieser Aufteilung zwischen grandiosem Vater und entwerteter Mutter in große innere Not, denn er muss sich langsam innerlich von der Mutter ablösen und trotzdem ein verlässliches, positives Bild von ihr in sich bewahren. Neben vielen anderen Themen geht es in der Musiktherapie auch um die Erfahrung, dass Zuneigung und Abgrenzungswut in der Beziehung zu ein und derselben Person Platz haben können. Jimmy muss schmerzhaft realisieren, dass er nicht nur seinem vermeintlich makellosen Vater nacheifern kann, sondern dass in Jimmy selbst Stärken und Schwächen vorhanden sind. Anfangs wird er sehr wütend, wenn er feststellt, dass auch die Musiktherapeutin begrenzt ist, dass sie z. B. seine Songs und Lieblingsfilmmusik nicht sofort perfekt auf dem Klavier spielen kann, ohne diese je gehört zu haben. Gemeinsam arbeiten sich beide durch die Enttäuschung hindurch, dass kein Mensch dieser Welt unfehlbar ist: auch nicht Jimmys Vater. Seine Wut, Enttäuschung und Sehnsucht finden Platz in der musikalischen Abstimmung der freien Improvisation. Dann geht es darum, Jimmy immer wieder die Erlaubnis zu geben, sich von der Musiktherapeutin abgrenzen zu dürfen, ohne sie vollständig entwerten zu müssen: durch eine Sitzordnung mit viel Entfernung zwischen beiden, durch Jimmys regelmäßige Bekundungen, er wolle hier gar nicht sein und ob heute nicht eher Schluss sein könne. Manchmal wird die Therapeutin zwar ärgerlich über Jimmys permanentes „Auf-die-Uhr-Schauen“, versteht dies aber auch als Notwendigkeit für Jimmy, sich von ihr zu unterscheiden. Sie lässt sich in ihrer inneren zugewandten Haltung nicht beirren. Eine metaphorische Szene entsteht eher zufällig, als Jimmy eine Handvoll Schlagzeug-Sticks gegen den Gong schleudert. Hier treffen Aggressives und Angriffslustiges auf Stabilität und Halt, und zwar deutlich hörbar. Der unzerstörbare Gong fängt Jimmys Wünsche nach Krafterprobung auf – wohlwollend betrachtet von der Musiktherapeutin, die etwas abseits sitzt, innerlich aber mittendrin ist. Ein nächster Schritt sind Jimmys Lieder, die er nachspielt oder spontan erfindet. Er hält aggressive Text- und Melodiefetzen („Die Welt ist Scheiße“) und sehnsuchtsvolle Songs („Love love me do“) anfangs deutlich auseinander. Nach einiger Zeit entstehen Texte, die Ambivalenz zulassen können, z. B.: „Wieso singe ich, obwohl ich gar nicht singen kann? Ich hasse Musik, aber wieso kann ich gut singen? Ich weiß es nicht! Im Singen bin ich gut, im Singen von deutschen Texten, aber nicht von englischen…“ Jimmy, der es nicht kennt, von zwei Eltern betrachtet zu werden, entwickelt langsam einen inneren Raum, sich selbst aus unterschiedlichen Perspektiven anzuschauen.

Was immer bleibt…
Kontinuität ist ein Thema, das Trennungskinder beschäftigt. „Wie wird es nach der Trennung weitergehen?“ „Werde ich noch derselbe sein?“ Es ist eine große Herausforderung, den Bruch in der Familiengeschichte in eine kohärente Lebensgeschichte zu integrieren. Dafür kann es mehr oder weniger geglückte Lösungen geben. Zum Abschluss folgt jetzt ein Lieblingsspiel aus Einzel- und Gruppentherapie, das den Aspekt der Kontinuität unterstützt. In der Mitte des Raumes steht die größte Doum-Doum-Trommel. Alle einigen sich auf einen leicht eingängigen Rhythmus. Dieser Rhythmus wird über eine festgelegte Zeit ununterbrochen erklingen. Die Gruppenteilnehmer wechseln sich gegenseitig ab, diesen Rhythmus auf der Doum-Doum zu spielen, geben sich die Schlegel gegenseitig weiter. In der Einzeltherapie wechselt dieser Basisrhythmus zwischen Therapeutin und Klient. Während der Rhythmus nun von wechselnden Personen kontinuierlich gespielt wird, dürfen alle anderen im Raum eigene Klangwege gehen. Sie können ihr Lieblingsinstrument wählen, Fremdes ausprobieren, sich zu Duos oder Trios zusammenfinden. Im Hintergrund läuft dabei die ganze Zeit der verlässliche Rhythmus auf der großen Trommel. Dieses musikalische Miteinander verbindet die menschliche Notwendigkeit zur Veränderung mit dem ebenso menschlichen Wunsch nach Halt und Kontinuität. Ein Spannungsfeld, für das Trennungs- und Scheidungskinder vielleicht besondere Experten sind…

 

Die Autorin:

Nicola Nawe
Dipl.-Musiktherapeutin (DMTG), Sonderpädagogin, Heilpraktikern (Psychotherapie), Dozentin. Forschungsschwerpunkte: Musiktherapie mit Trennungskindern, Gruppenmusiktherapie.

Literatur

  • Dammasch, F. (2004): Die innere Erlebniswelt von Kindern alleinerziehender Mütter. Frankfurt: Brandes & Apsel.
  • Figdor, H. (2012): Kinder aus geschiedenen Ehen: Zwischen Trauma und Hoffnung. Wie Kinder und Eltern die Trennung erleben. Gießen: Psychosozial-Verlag.
  • Grey, K. (2009): Elternkleber. Hamburg: edelkids.
  • Nawe, N. (2010): Musiktherapie mit Trennungskindern. Triangulierungsprozesse in der Einzel- und Gruppentherapie. Wiesbaden: Reichert Verlag.