Editorial

Therapeutische Beziehung…
Unser aktuelles MuG-Thema der „Therapeutischen Beziehung“ ist eigentlich das dauerhaftest aktuelle Thema schlechthin – und für alle künstlerischen und verbalen Psychotherapien geltend.
„Besonders aktuell“ ist es aber dadurch, dass die Folgen der Covid-Pandemie zu einem dramatischen Anstieg der Therapiebedürftigkeit in allen Bereichen zwischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie und Geriatrie/Gerontopsychiatrie führten und das Thema „Therapeutische Beziehung“ von der allgemeinen Medienvielfalt zu einer Pazifik-Sturm-Welle aufbaute. Der Schriftsteller Daniel Kehlmann beschrieb die Pandemie-Zeit als eine tragische deshalb, weil das Heilmittel gegen verlorene Nähe in dieser Zeit die Distanz voneinander ist.

Nähe – Distanz – Beziehung
Entsprechend ist unser Schwerpunktthema eines, das ebenso allgemein wie Epi- und Pandemie-beziehbar angegangen wird von Karin Schumacher, der Grande Dame der Beziehungsliteratur in der Musiktherapie seit der Entwicklung ihrer EBQ-Methode zur Einschätzung der Beziehungsqualität (zusammen mit Claudine Calvet), und Thomas Bergmann mit der Beschreibung von MUSAD, der Musikbasierten Autismusdiagnostik. Dorothea Muthesius rundet das Schwerpunktthema mit ihrem Einblick in die spezifischen Beziehungswelten im Leben
und Erleben und Miterleben dementer Mitmenschen ab.
Unsere Kolleginnen und Kollegen für die Rubriken-Betreuungen haben für diese Ausgabe Autor*innen aufgetan für den Spaziergang in die Sana-
Klinik mit ihrer Musiktherapie auf der Insel Fehmarn, in eine musiktherapeutisch orientierte Heilpraxis für Psychotherapie und Beratung in Halle, für einen Sprung in Chinas Musiktherapie und – wem dann nach Ausgleich ist oder sie/er ohnehin Thomas Stegemann-Kolumnen-Fan ist – zu Wehen, Wühlmäusen, Wirkfaktoren und Wembley und ihren Bezügen zur Neurobiologie u.a.
Wie immer und immer neu gefüllt: Singende Krankenhäuser, Rezensionen und „Das Summen in besonderen Zeiten“ mit Sabine Rittner und Praxismodelle mit Constanze Rüdenauer-Speck.
Zu (m)einem ungewöhnlichen Herzblut-Thema, weil es meine und des früheren Mitherausgeber Eckhard Weymanns akademische hauptamtliche
Wirkungsstätte in Hamburg UND die MuG betrifft: Personalwechsel!
Anfangs assoziierte ich das Bild einer Sturm-Welle inmitten der Wellen der Pandemie. In Wellen können wir jedoch nahezu alles sehen. Schwingungen der Akustik, Wellenformen in der Krisenforschung, Wellen in den Wolkenbildungsstrukturen der Meteorologie, in der Psychodynamik des Einzelnen, der Dynamik in Gruppen, in der Entwicklung unserer Kulturgeschichte (s. Jean Gebser: Ursprung) und eben in
personellen Wellen von Besetzungen und Neubesetzungen.
Die musiktherapeutischen Ausbildungszentren erlebten und erleben in dem begonnenen Jahrzehnt eine neue Runde des Generationenwechsels – und dazu war ich im Gespräch mit meinen Nach-Nachfolgerinnen, der neuen weiblichen Doppelspitze im Hamburger Institut für Musiktherapie.
Mithören können Sie mittels Buchstaben die Professorinnen Holzwarth und Dr. Dorothee von Moreau („Neue Tandembesetzung“) UND Abschied
und Neubeginn in der MuG-Herausgeberschaft.
Sie lesen einen Namen in der Herausgeberzeile auf der Coverzeile dieser Ausgabe nicht mehr. Und Sie lesen einen neuen Namen, einen weiblichen Namen erstmals.

Und wie immer: Abschied und Neubeginn
Abschied von und seit 20 Jahren aufgestauter Dank an Prof. Dr. Ralph Spintge und der Neubeginn mit „unserer ersten Frau“ im jetzt verkleinerten Herausgeberkreis, Professorin Dr. Petra Jürgens. Durch sie wird der Herausgeberkreis (endlich) ein Herausgeber*in-Kreis und zudem auch formell einer, in dem sich die Musiktherapie der östlichen Bundesländer inhaltlich wie formell mehr repräsentiert finden möge denn je.
Die Praxisvorstellung dieser Ausgabe ist bereits von unserer neuen Co-Herausgeberin geprägt.
Wohlergehen und Willkommen und souveränen Umgang mit den Wellenmutationen der Meteorologie, der Viren und der psychischen Landschaften in so verschiedene Richtungen wünscht ein davon besonders bewegter:

Ihr Hans-Helmut Decker-Voigt